Filmkritik: Hereafter - Das Leben danach


Es ist die große Frage, die einem durch den Kopf geht, wenn man den Saal verlässt, in dem man gerade den neuen Film von Oscar-Preisträger Clint Eastwood, Hereafter, gesehen hat: Wieso in Gottes Namen hat dieser Film eine Oscar-Nominierung in der Kategorie "beste visuelle Effekte" bekommen? Und stach damit Tron Legacy und Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt aus? Die hatten nicht nur mehr (oder eher: überhaupt!) Effekte, sondern vor allem einfach die für jeden Laien erkennbar besseren Effekte. Eastwoods eoterisches Episodendrama bietet genau zwei Effekte: eine hundsmiserabel unechte Tsunamiwelle und die unkreativsten Flashbacks aka Toten-Visionen seit den 40er Jahren.

Wäre das das einzige Problem, das man mit dem Film haben könnte, wäre im Grunde alles in Ordnung, doch leider ist es das bei Weitem nicht: Eastwoods Film erzählt drei verschiedene Geschichten aus Paris, London und San Fransisco, die zum Schluss ein gemeinsames Ende in der britischen Hauptstadt finden. Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Ende ist entweder höchst ironisch angedacht, oder aber (und davon gehe ich eher aus) einfach nur unfassbar kitschig, unrealistisch und - nennen wir's beim Namen: beschissen. Mit schlimmer Melodram-Musik, die einem Douglas Sirk-Film entliehen sein könnte finden Matt Damon (der einen Mann spielt, der nach einer Nahtoterfahrung mit den Toten sprechen kann) und Cecile de France (die eine Journalistin spielt, die im Tsunami eine Nahtoterfahrung hatte und nun darüber ein esoterisches Buch schreiben will) zusammen. Absolut motivationslos. Ohne Sinn. Und dann ist der Film aus.

Eastwood packt so viele Klischees und tonnenweise Kitsch in Hereafter, dass man sich ständig fragt, ob der Meisterregisseur das wirklich alles so ernst meinen kann. Sicherlich spielen die Darsteller gut, allen voran die beiden Zwillinge Frankie und George McLaren, die Zwillings-Brüder spielen, von denen der eine bei einem Autounfall ums Leben kommt. Diese der drei Episoden ist die einzige wirklich packende und interessante, Matt Damons Teil der Geschichte ist in Ordnung, wenn auch etwas uninspiriert und von der Pariser Episode bleibt nur eins in Erinnerung: Kopfschütteln. So viel Esoterik in einem einzigen Eastwood-Film hätte ich niemals für möglich gehalten. Absolut uninteressant wirkt die Geschichte der jungen Frau, die in den Wassermassen gegen den Tod ankämpfte und nun ein Buch darüber schreiben möchte. Dafür fährt sie noch zu einer Schweizer Heilklinik mitten in den Alpen. Schöne Bilder, aber wo ist der Sinn und Zweck für das Fortschreiten der Handlung?

Leider viel zu willkürlich ist die Geschichte, viel zu gleichgültig die Charaktere und viel zu esoterisch und kitschig vor allem dann das Ende - da hätte man, vor allem mit einem so guten Drehbuchautor wie Peter Morgan (Die Queen, Frost/Nixon), so viel mehr draus machen können. So bleibt am Ende ein nicht mehr als sehr schwacher Film, für Eastwood eine komplette, ernüchternde Enttäuschung.

★☆☆☆


Originaltitel: Hereafter

Regie: Clint Eastwood

Drehbuch: Peter Morgan
Kamera: Tom Stern

Darsteller:
Matt Damon ... George Lonegan
Cécile De France ... Marie Lelay
Frankie McLaren ... Marcus / Jason
George McLaren ... Marcus / Jason
Richard Kind... Christos

USA 2010, 129 Min.
Warner Bros.
Kinostart: 27.01.2011
FSK 12

Trailer:



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