Kommentar zum Boykott von Disneys Avengers 2

Am heutigen Donnerstag startet der größte Blockbuster des Jahres - und rund 200 deutsche Kinos zeigen ihn nicht. Die Rede ist natürlich von Marvels The Avengers 2 - Age of Ultron im Verleih der Walt Disney Studios Motion Pictures, der ab heute in rund 500 deutschen Kinos zu sehen ist. Doch vor allem Kinos in kleinen Städten und Ortschaften haben den Film nicht in ihr Programm aufgenommen. Der Grund dafür, in aller Kürze erklärt: Normalerweise verlangt Disney von den Kinobetreibern in Ortschaften mit weniger als 50.000 Einwohnern einen geringeren Mietsatz von 47,7 Prozent (des Preises für ein Kinoticket). Mit sofortiger Wirkung will der Maus-Konzern nun allerdings von allen deutschen Kinobetreibern, egal ob aus Berlin oder Wangen im Allgäu, 53 Prozent haben. Und gegen diese erhöhten Abgaben wollen sich jene kleinen Kinos mit dem Boykott des Films nun wehren.

Auf den ersten Blick ist diese Erhöhung um 5,3 Prozentpunkte für den außenstehenden Betrachter ein Witz. Gehen wir davon aus, dass das Kinoticket 10 Euro kostet, hätte der Betreiber des Wangener Lichtspielhauses bislang 4,77 Euro an Disney abgeben müssen, nun sind es 5,30 Euro. Wenn The Avengers im dortigen großen Saal mit 150 Plätzen am Startwochenende dreimal täglich läuft, würden schätzungsweise 1.250 Besucher den Film dort in den ersten vier Tagen sehen, die dem Kino nach altem Mietsatz 5962,50 Euro an Abgaben bescheren würden. Mit den 53 Prozent für Disney müsste der Betreiber nun allerdings 6625,00 Euro zahlen - immerhin 662,50 Euro mehr. Hochgerechnet auf alle 200 boykottierende Kinos würde Disney in den ersten vier Tagen somit Mehreinnahmen von rund 130.000 Euro einfahren - mindestens.

Soviel zu den nackten Zahlen. Doch was sagen Sinn und Verstand in dieser Angelegenheit? Ob Spiegel, Welt, Stern, Focus oder DW - sie alle berichten eifrig darüber (und sprechen dabei teilweise von bis zu 600 boykottierenden Kinos - was gänzlicher Unfug ist. Es sind 193 Kinos mit rund 600 Leinwänden!). Der Großkonzern begründet seine Mietpolitiks-Änderung damit, dass sich die Gründe für die niedrigeren Mietsätze in den letzten Jahren egalisiert haben: In Zeiten der analogen 35mm-Filmkopien war es durchaus üblich, dass kleine Orte eine Filmkopie erst mit Verspätung nach ein, zwei oder mehr Wochen erhalten haben - ganz einfach deswegen, weil die (nicht gerade billigen) Kopien nicht in ausreichender Anzahl vorhanden waren. Auch waren sie, nachdem sie schon unzählige Male in anderen (größeren) Städten im Einsatz waren, mitunter abgenutzt. Heute, nach der flächendeckenden Digitalisierung, gibt es zum einen keinen Mangel an "Kopien" mehr - die Filme werden auf Festplatten in ausreichender Anzahl verschickt - und zudem gibt es selbstredend auch keinen Qualitätsverlust mehr.

Nun argumentieren Kinobetreiber dagegen, dass sie durch die Digitalisierung viel Geld investiert haben, das sie nun nur langsam zurück bekommen. Auch nach mehreren Jahren, die viele Kinos nun schon digital sind, haben hat sich die Aufrüstung noch nicht allerorts amortisiert. Aber nun muss man sich fragen, ob sie dann einen intelligenten Schachzug fahren, wenn sie *den* Sommerblockbuster dann nicht zeigen - der ihnen (auch mit seinem 3D- und Überlängenzuschlag) doch wichtiges Geld in die Kassen spülen würde. 

Dem Kinobesucher ist das sicherlich alles egal. Der will einfach nur seinen Film sehen - und fährt entweder in die nächstgrößere Stadt... oder sieht sich den Film im Internet illegal an. Und das schadet dann allen: dem Verleih UND dem Kinobetreiber.

Es wäre also sinnvoll, nein: dringend notwendig, dass man sich hier einigt. Denn sonst verlieren alle.

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