Filmkritik: Brooklyn

Die Geschichte der Iren in den Vereinigten Staaten von Amerika ist eine lange. Schon während der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert verließen viele meist protestantische Iren ihre schöne Heimat in der Hoffnung, ein besseres Leben im viel gepriesenen Amerika zu finden. Während der großen Hungersnot in Irland zwischen 1845 und 1852, bei der eine Millionen Menschen starben, gelang rund zwei Millionen überwiegend katholischen Iren die Auswanderung. Und auch im 20. Jahrhundert verließen unzählige Iren ihr Land. Auch Eilis, die Protagonistin in Colm Tóibíns Roman Brooklyn, wandert in der Hoffnung in New York Arbeit zu finden aus und lässt ihre Schwester und Mutter zurück. Während sie sich ein glückliches, neues Leben aufbaut, sie geht zur Abendschule und lernt den charmanten Italiener Tony kennen, zerbricht das Leben in ihrer Heimat Stück für Stück und stellt Eilis letztendlich vor die schwierige Entscheidung zwischen zwei grundverschiedenen Welten.

Mit Saoirse Ronan (Abbitte, In meinem Himmel) hat Regisseur John Crowley (Boy A) die perfekte Hauptdarstellerin gefunden. Mit Charme, Witz und Hingabe haucht sie der zunächst unsicheren, dann standfesten und zu Ende dann verzweifelten Eilis ein greifbares, authentisches Leben ein, das den Zuschauer auf eine Achterbahn der Gefühle mitnimmt. Sie verleiht der Figur etwas Lebendiges, so glaubhaft und anmutig, dass man gar nicht anders kann, als ihr sofort zu verfallen und bis zum Ende mitzufiebern. Doch auch Tony-Darsteller Emory Cohen (The Place Beyond the Pines) ist mit seinem jugendlichen, unverbrauchten Auftreten, dem frischen und unwiderstehlichen Charme eine perfekte Besetzung. Die beiden Jungschauspieler harmonieren großartig zusammen und werden dabei von einem tollen Cast unterstützt, bei dem vor allem die herrlich aufspielende Julie Walters (Harry Potter) heraussticht.

Die wunderschönen, farbenprächtigen, malerischen Bilder von Der große Trip - Wild-Kameramann Yves Bélanger und die tolle Musik von Into the Wild-Komponist Michael Brook sorgen für die passende Atmosphäre, wie sie gerade die Briten und Iren so überzeugend und gelungen erzeugen können: Nicht selten fühlt man sich an Filme wie Abbitte oder An Education erinnert, die eine dramatische Geschichte mit prächtigen Bildern aus der Mitte des 20. Jahrhunderts kombinieren.

In jedem Fall gelingt John Crowley mit Brooklyn ein äußerst emotionaler, herzergreifender Film, der zu keinem Zeitpunkt in Kitsch oder Klischees verfällt - was er durchaus auch dem tollen Drehbuch von Schriftsteller Nick Hornby (About a Boy) zu verdanken hat. 

★★★★☆


Originaltitel: Brooklyn

Regie: John Crowley
Drehbuch: Nick Hornby
nach dem Roman von Colm Tóibín
Kamera: Yves Bélanger
Schnitt: Jake Roberts
Musik: Michael Brook

Darsteller:
Saoirse Ronan ... Eilis
Emory Cohen ... Tony
Domhnall Gleeson ... Jim Farrell
Julie Walters ... Mrs Koegh
Jim Broadbent ... Vater Flood
Fiona Glascott ... Rose
Eileen O'Higgins ... Nancy
Eva Birthistle ... Georgina
Emily Bett Rickards ... Patty
Eve Macklin ... Diana
Nora-Jane Noone ... Sheila
Mary O'Driscoll ... Miss McAdam

IRL|UK|CAN 2015, 111 Min.
20th Century Fox
Kinostart: 21. Januar 2016
FSK 0

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