Filmkritik: #9

















Was Tim Burton anpackt wird Gold? Leider kann man das seit dem müden Alice im Wunderland nicht mehr so bedenkenlos behaupten. Was allerdings noch stimmt, ist die Tatsache, dass er bei Animationsfilmen bislang immer ein goldenes Händchen hatte: Nach Nightmare before Christmas (als Produzent) oder Corpse Bride (als Regisseur) gelingt ihm diesmal wieder als Produzent mit #9 ein visuell wie thematisch beeindruckender Animationsfilm für Erwachsene. Zusammen mit solch namhaften Kollegen wie Timur Bekmambetov (Wächter der Nacht), Jim Lemley (Schmetterling und Taucherglocke), Marci Levine (Toy Story 2) oder Jinko Gotoh (Findet Nemo) steht er hinter der Neuauflage des gleichnamigen oscarnominierten Kurzfilms von Shane Acker, der auch hier Regie führte.

Die Geschichte von Pamela Pettler (Corpse Bride, Monster House) und Acker entführt den Zuschauer in eine postapokalyptische Welt, in der es kein Leben mehr gibt. Ein Wissenschaftler hat eine Maschine erschaffen, eine Art Supergehirn. Zudem wurde eine Maschinenarmee aufgestellt, die das Land (es wird kein Name genannt) auf Befehl des ebenfalls namenlosen Führers neben seinen menschlichen Soldaten in Kriegen gegen andere Länder einsetzen wollte. Doch da das Supergehirn nur Bosheit und Tod kennen gelernt hat, wendet es sich letztendlich gegen die Menschen. Ein gewaltiger Krieg wird entfacht, in dem die Menschheit von den Maschinenarmeen und Giftgas vernichtet wird. Bis hierhin klingt das alles sehr nach Terminator oder Matrix, und beides spiegelt sich auch wirklich wider in der Handlung, doch Ackers Idee war noch nicht fertig gesponnen: Der Wissenschaftler, der erkannte, dass sich das Supergehirn auf Grund seiner fehlenden guten Seele gegen die Menschen wandte, schuf neun Puppen, eine Art Homunculus, alle mit Eigenschaften seiner eigenen Persönlichkeit: Güte, Liebe, technischem Wissen. Der Film beginnt mit dem Erwachen des letzten, Nummer 9. Und mit ihm beginnt ein spannendes, gruseliges und gänzlich für Kinder ungeeignetes Fantasyabenteuer.

Shane Acker versteht es, einen sehr spannenden Film zu kreieren, der obwohl er mit animierten Charakteren besetzt ist, zu keiner Zeit langweilt oder gar "kindisch" erscheint. Thematisch ist #9 ein astreiner Endzeitfilm mit mutigen Helden und grausamen, futuristischen Maschinen. Das Design des Films ist überaus gelungen, vergisst man doch oft, dass es sich um einen Animationsfilm handelt, da die verwüsteten Sets sehr realistisch erscheinen. In Wirklichkeit beschränkt sich die Handlung vermutlich nur auf ein Stadtviertel, doch es wirkt so, als würde man die gesamte, zerstörte Erde bereisen. Sehr einfallsreich sind in jedem Fall auch die Figuren, seien es die neun Puppen oder auch die Maschinen: Da gibt es ein sogenanntes "Katzen-Biest", das halb Maschine, halb Tierskelett ist. Oder ein schlangenähnliches Monstrum, die "Schneiderin" genannt, da sie ihre Opfer in ihren schlangenähnlichen Körper einnäht. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt und es macht wirklich Spaß die kleinen Details zu erforschen.

Dass der Film dabei recht kurz geraten ist, ist auf der einen Seite natürlich etwas schade, da man durchaus noch etwas mehr über die Hintergründe des Krieges oder der verbliebenen Charaktere hätte erzählen können, doch auf der anderen Seite kommt in den bestehenden 80 Minuten keinerzeit Langeweile auf. Natürlich sind die Animationen auch nicht so perfekt wie man sie von einer Pixar-Produktion beispielsweise gewöhnt sein mag (Wall-E kann man hier im Übrigen durchaus als Beispiel nennen, der ja auch in einer menschenverlassenen Welt spielt), aber das mindert den Sehspaß nur äußerst geringfügig. Den tollen Score von Deborah Lurie und Danny Elfman sollte man im Übrigen auch noch erwähnen, passte er doch wunderbar und lässt schnell den (sowieso nicht groß im Gedächtnis gebliebenen) unspektakulären Score von Alice vergessen.

Bleibt zu hoffen, dass von Shane Acker noch einiges kommen wird, und dass Tim Burton dem Animationsfilm treu bleibt. Letzteres scheint außer Frage zu stehen, ist eines seiner nächsten Projekte doch eben ein solcher Stop-Motion-Animationsfilm: Frankenweenie - die Langfilmfassung seines eigenen 1984er Kurzfilms. Dass solche Projekte richtig gut gelingen können zeigten ja zuletzte gerade erst District 9 und #9. Die Zahl im Titel ist dabei sicherlich nur Zufall.

★★★★☆


Originaltitel: 9

Regie: Shane Acker
Kamera: Kevin R. Adams

Darsteller:
Elijah Wood ... 9
Jennifer Connelly ... 7
Crispin Glover ... 6
John C. Reilly ... 5
Martin Landau ... 2
Christopher Plummer ... 1

USA 2009, 79 Min.
Focus Features
Kinostart: 25.02.2010
FSK 12


Trailer:

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