Filmkritik: X-Men: Apocalypse

Wenn die Welt zugrunde geht, ist die Menschheit nicht selten auf die Hilfe von Helden angewiesen, die ihr eigenes Leben riskieren, um den Rest zu beschützen. Die X-Men, mutierte Menschen mit übernatürlichen Kräften, müssen damit leben, dass sie von der Menschheit verachtet werden, was zur Spaltung in zwei Lager geführt hat: Die, die den Menschen beweisen wollen, dass sie Gutes tun und die, die gegen die menschlichen Unterdrücker kämpfen. Doch in Bryan Singers Finale der neuen "jungen" X-Men - Trilogie, Apocalypse, wird diese Aufteilung in Frage gestellt, nachdem eine neue, übermächtige Bedrohung aus der Vergangenheit auftaucht.

Der Film beginnt äußerst vielversprechend im alten Ägypten vor mehr als 2.000 Jahren mit einer magischen Zeremonie, bei der Geist und Kräfte des finsteren, uralten En Sabah Nur (Oscar Isaac) in den jungen Körper eines Verstorbenen übertragen werden. Doch die Zeremonie wird von Attentätern gestört, von Menschen, die wie in der filmischen Gegenwart gegen die Übermacht, die diesen ersten aller Mutanten als Gott personifiziert, ankämpfen. Apocalypse, so sein Mutantenname, wird unter einer gewaltigen Pyramide begraben - und ruht dort bis heute. Doch mit der Ruhe ist es vorbei, als eine Gruppe Fanatiker den Mutanten wiedererweckt - und er seinen tödlichen Feldzug beginnt. Er rekrutiert vier Gefolgsmänner, unter ihnen die junge Storm und den am Boden zerstörten Magneto (Michael Fassbender), die gemeinsam mit ihm die Menschheit vernichten sollen.

Doch sie haben nicht die Rechnung mit dem immerzu loyalen, gutmütigen und alle Menschen und Mutanten liebenden Charles Xavier und seinen X-Men gemacht. Es kommt also, wie es kommen muss: Apocalpyse zerstört, was er nur kann, vom Sydney Opera House hin zu europäischen Metropolen - während die heldenhaften Mutanten alles in ihrer Macht stehende tun, um ihn aufzuhalten. Dabei ist Singers Film wesentlich düsterer und dramatischer, als es die Vorgänger Erste Entscheidung und Zukunft ist Vergangenheit gewesen waren, braucht allerdings dafür etwas zu lange, um in Schwung zu kommen. In der ersten dreiviertel Stunde nach dem visuell wie auch inszenatorisch gelungenen Auftakt dümpelt die Geschichte mehr oder weniger vor sich hin, Apocalypses Rekrutierung ist recht mühselig, während Charles Xavier mehrfach bedauert, das Gedächtnis von Moira Mactaggert (Rose Byrne) gelöscht zu haben. Einzig Magnetos persönliches Schicksal gibt dem Film dank der starken Leistung Michael Fassbenders bis dahin Halt.

Einen Höhepunkt des Films stellt wie schon im Vorgänger Evan Peters' Quicksilver dar, der nicht nur visuell zu einem Highlight beiträgt, sondern mit seinem Humor für die wichtigen, notwendigen Auflockerungen sorgt, die der ansonsten schon fast übertrieben apokalyptisch inszenierte Showdown vermissen lässt. Natürlich sorgt auch Hugh Jackmans Wolverine-Cameo, das im letzten Trailer schon angekündigt wurde, für Freude bei den Fans - wobei sein 80er-Jahre-Ich an einem Handlungspunkt gezeigt wird, der den normalerweise gewohnt coole Sprüche klopfenden Klauenmann als blutrünstige Bestie zeigt. Das dürfte der erste Vorgeschmack auf den FSK 16 Wolverine-Film gewesen sein, der nächstes Jahr Hugh Jackmans Abschied von seiner Paraderolle darstellen soll.

Etwa in der Mitte des Films kommen die jungen X-Men aus dem Kino, wo sie sich gerade Die Rückkehr der Jedi-Ritter angeschaut haben. Scherzhaft kommentieren sie, dass sie sich jetzt sicher sein können, dass der "dritte Teil immer der schlechteste" sei. Damit treffen sie voll ins Schwarze: X-Men: Apocalypse ist bei Weitem kein schlechter Film, er schafft es aber auch nicht, das Niveau der beiden Vorgänger zu erreichen, die vor allem im Falle von Zukunft ist Vergangenheit eine weitaus packendere Geschichte erzählten und in sich kohärenter und flüssiger waren.

★★★☆☆


Originaltitel: X-Men: Apocalypse

Regie: Bryan Singer
Drehbuch: Simon Kinberg
Kamera: Newton Thomas Sigel
Schnitt: Michael Louis Hill & John Ottman
Musik: John Ottman

Darsteller:
James McAvoy ... Professor Charles Xavier
Michael Fassbender ... Erik Lehnsherr / Magneto
Jennifer Lawrence ... Raven / Mystique
Nicholas Hoult ... Hank McCoy / Beast
Oscar Isaac .. En Sabah Nur / Apocalypse
Rose Byrne ... Moira Mactaggert
Evan Peters ... Peter Maximoff / Quicksilver
Sophie Turner ... Jean Grey
Josh Helman ... Col. William Stryker
Tye Sheridan ... Scott Summers / Cyclops
Lucas Till ... Alex Summers / Havok
Kodi Smit-McPhee ... Kurt Wagner / Nightcrawler
Ben Hardy ... Angel
Alexandra Shipp ... Ororo Munroe / Storm
Olivia Munn ... Psylocke
Lana Condor ... Jubilee
Hugh Jackman ... Wolverine

USA 2016, 144 Min.
20th Century Fox | Marvel Studios
Kinostart: 19. Mai 2016
FSK 12

Trailer:

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