Filmkritik: Warcraft: The Beginning

Mit dem phänomenalen Moon und dem komplexen Source Code hat Duncan Jones, Sohn des Anfang des Jahres verstorbenen David Bowie, einen großartigen Einstieg in die Filmbranche abgelegt. Mit seinem ersten Big-Budget-Film Warcraft: The Beginning begibt er sich nun auf Neuland - und scheitert nicht zuletzt daran, dass seine episch angedachte Geschichte um den Kampf zwischen Gut und Böse mit einer Laufzeit von gerade mal zwei Stunden alles andere als episch ist.


Durch ein magisches Portal dringt eine Ork-Horde unter der Führung des finsteren Hexenmeisters Gul'dan in die friedliche Welt Azeroth ein, um sich dort niederzulassen, nachdem ihre eigene Welt dem Untergang geweiht ist. Doch ihr brutaler Feldzug entspricht nicht dem Codex des Häuptlings des Frostwolfclans, Durotan (Toby Kebbell), der sich als bald auf den Weg macht, die Menschen davon zu überzeugen, gemeinsam gegen Gul'dan vorzugehen. Doch unter den Menschen, angeführt von König Wrynn (Dominic Cooper), dessen bestem Krieger Lothar (Travis Fimmel), dem Zauberlehrling Khadgar (Ben Schnetzer) und der Ork-Mischlingsdame Garona (Paula Patton), besteht Zweifel an dem Plan und die Hilfe des mysteriösen Wächters (Ben Foster) steht auch unter keinem guten Stern.

Der Film hat von Beginn an das Problem, zu viele Hauptfiguren etablieren zu wollen. Orks, Menschen, Zauberer. In einem zweistündigen Filmevent, das sich anschickt, auf einem epischen Level der Herr der Ringe-Reihe von Peter Jackson zu agieren, ist das einfach zu viel. Die Charaktere haben gar keine Zeit, sich zu entwickeln, der Zuschauer hat kaum eine Chance, sich an seine Helden zu binden. Als Jones dann beginnt, seine Hauptfiguren sterben zu lassen, ist die emotionale Betroffenheit beim Betrachter eher auf gleichgültigem Niveau, zu schnell treten die Figuren wieder ab. Zwei Stunden, das ist weder genug Zeit, ein Dutzend Hauptfiguren zu etablieren, noch um eine solch komplexe Geschichte in fremden, magischen Ländern mit unterschiedlichstens Wesen zu erzählen. Das Ergebnis ist eher das ungewollte Gegenteil: Die Geschichte erscheint narrativ unausgegoren und viel zu beliebig und schnell erzählt. Man kann zunächst nur schwerlich den Namen der Figuren und denen der Orte, an denen die Handlung spielt, folgen und am Ende entsteht zudem der Eindruck, dass hier massiv geschnitten wurde, um den Film auf zwei Stunden runterzubrechen.

Visuell ist der Film dagegen sehr gelungen. Die knallbunte, farblich kräftig inszenierte Fantasywelt sieht ebenso beeindruckend aus wie die computergenerierten Wesen, die sich in ihr tummeln. Und dennoch ist der realistische Fantasy-Look, den Peter Jackson vor mittlerweile 15 Jahren für seine Mittelerde generierte, optisch der schönere Hingucker. Der 3D-Effekt kommt glücklicherweise hervorragend zur Geltung - keine Selbstverständlichkeit mehr in Zeiten der Überflutung und Massenproduktion von (meist nachträglich konvertierten) Filmen in der dritten Dimension. Die Musik des deutschen Game of Thrones-Komponist Ramin Djawadi ist ebenfalls gelungen und trägt zur fantasievollen Atmosphäre im Film bei. Zu guter Letzt ist es vor allem die Chemie zwischen den menschlichen Protagonisten Lothar und Khadgar, die positiv hervor sticht: Travis Fimmel (Vikings) und Ben Schnetzer (Pride) machen ihre Sache wirklich sehr gut und spielen mit viel guter Laune und Energie, was sich auch auf den Zuschauer auswirkt.

Warcraft hätte das Zeug zu einem wirklich epischen Auftakt eines neuen Fantasy-Franchises gehabt, scheitert aber am Ende - und das ist besonders schade - vor allem daran, dass man Duncan Jones offenbar nicht mehr Laufzeit für seinen Film zugestanden hat. So wirkt der Film zwar gut gemeint, aber leider viel zu hektisch und beliebig abgewickelt. Mit einer halben oder am besten gleich einer ganzen Stunde mehr Laufzeit wäre es garantiert nicht zäher oder gar langweiliger geworden, stattdessen hätte man mehr Zeit gehabt, die Charaktere besser zu etablieren, so dass die Toten richtig (oder überhaupt) beweint und die Überlebenden anständig gefeiert werden könnten. Spaß hat dieser erste Besuch in Azeroth aber auf jeden Fall gemacht - und vielleicht kann der zweite Teil, sollte er denn realisiert werden, dann auch dem Namen "episch" gerecht werden.

★★★☆☆


Originaltitel: Warcraft: The Beginning

Regie: Duncan Jones
Drehbuch: Duncan Jones & Charles Leavitt
Kamera: Simon Duggan
Schnitt: Paul Hirsch
Musik: Ramin Djawadi

Darsteller:
Travis Fimmel ... Anduin Lothar
Paula Patton ... Garona
Ben Schnetzer ... Khadgar
Dominic Cooper ... Llane Wrynn
Ben Foster ... Medivh
Toby Kebbell ... Durotan / Antonidas
Robert Kazinsky ... Orgrim
Clancy Brown ... Blackhand
Daniel Wu ... Gul'dan
Ruth Negga ... Lady Taria

USA 2016, 123 Min.
Universal Pictures | Legendary Pictures | Blizzard
Kinostart: 26. Mai 2016
FSK 12

Trailer:

Kommentare