Filmkritik: Django Unchained

Django Unchained beginnt wie ein Spaghetti-Western aus den 1960er Jahren - und ist auch als solch eine Hommage angedacht. Klassischer Texttafeln, ruhige, einführende Bilder von schwarzen Sklaven, die aneinander gekettet durch die verschneiten Südstaaten geschleppt werden, dazu der Django-Song von Luis Bacalov. Die erste Szene führt sogleich die beiden Hauptfiguren ein - das ungleiche Paar, das schon fast Bud Spencer / Terrence Hill - Stil hat: Jamie Foxx als rachsüchtiger Sklave Django und Christoph Waltz als wahnwitziger deutscher Kopfgeldjäger Dr. King Schultz. Tarantino übertrifft sich mit dieser ersten Szene mal wieder selbst und wird im Laufe des Films noch so einige Momente zeigen, die vor Witz und Unterhaltsamkeit nur strotzen. Da gibt es beispielsweise eine - anachronistisch eingefügte - Szene, in der (nachdem man ihren Angriff auf den Karren von Schultz schon gesehen hat) eine Bande wildgewordener Weißer, hier spielen Don Johnson und Jonah Hill die tragende Rolle, darüber diskutiert, ob man nun mit oder ohne weißer Masken den Überfall stattfinden lässt, weil man mit den Masken ja nichts sehen würde. Das Ende der Geschichte: Die Masken bleiben weg und ein Reiter im Hintergrund trabt beleidigt nach Hause, weil seine Frau die 30 Masken extra an einem Tag für sie angefertigt hatte.
Es dauert gut und gerne eine Stunde bis der sadistische, cholerische Fiesling Calvin Candle auftritt. Mit Leonardo DiCaprio in seiner ersten wirklichen Schurkenrolle findet Candle definitiv seinen Meister. DiCaprio verleiht dem Sklaventreiber, Mörder und Sadisten eine unglaubliche Präsenz und Intensität, dass es ein mittelschwerer Skandal ist, dass DiCaprio - mal wieder - nicht für den Oscar nominiert ist. Das sollte ihn endgültig zum am meisten unterschätzten, oder eher ausgebooteten Schauspieler seiner Generation machen. Ihm zur Seite steht indes sein Sklavenaufseher Stephen, ebenfalls meisterlich gespielt von Samuel L. Jackson. Doch nicht nur die Darsteller sind herausragend, auch Tarantinos Sinn für einen perfekten Soundtrack, tolle Bilder und flotte Schnitte fallen immer wieder positiv auf.
Doch am Ende braucht der Film ein kleines bisschen zu lang, um sein Ziel zu erreichen: King Schultz verspricht Django bei der Befreiung seiner Frau zu helfen, nachdem er ihm über den Winter bei der Kopfgeldjäger-Arbeit geholfen hatte. Diese Arbeit ist nach einer fetzigen, tollen ersten Stunde vorbei. Dann dauert es aber noch fast zwei weitere Stunden, bis Django seine über alles geliebte Broomhilda (Kerry Washington) in den Armen halten darf. Hier hätte man gut und gerne eine halbe Stunde herauskürzen können, vor allem im Einführungsteil Candles, wie auch im Finale, das furios mit einer hip-hop-untermalten Schießerei beginnt, dann aber irgendwann wieder (zu) ruhig wird, nur um am Ende wiederum noch einen Knall draufzusetzen.
Das ist allerdings nur Kritik auf hohem Niveau. Django Unchained ist ein hochklassiger Western, düster, sadistisch, brutal (aber im Übrigen längst nicht so brutal wie man es hätte vermuten können - und auch bei Weitem nicht so hart wie Inglourious Basterds), aber eben auch sehr, sehr unterhaltsam, ironisch und von Tarantino gewohnt treffsicher inszeniert.
Originaltitel: Django Unchained
Regie: Quentin Tarantino
Darsteller:
Jamie Foxx ... Django
Christoph Waltz ... Dr. King Schultz
Leonardo DiCaprio ... Calvin Candle
Kerry Washington ... Broomhilda
Samuel L. Jackson ... Stephen
Don Johnson ... Big Daddy
Franco Nero ... Amerigo Vessepi
M.C. Gainey ... Big John Brittle
Jonah Hill ... Bag Head #2
USA 2012, 165 Min.
Sony Pictures
Kinostart: 17.01.2013
FSK 16
Trailer:
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