Filmkritik: Der Biber

Außergewöhnlich – das war sie schon von Beginn an, seit man ihr mit 14 Jahren in Taxi Driver neben Robert de Niro die Rolle einer Prostituierten gab, nachdem sie mit 29 Jahren die Bezwingerin eines Psychopathen in Das Schweigen der Lämmer spielte oder in Flight Plan – ohne jede Spur die besorgte Mutter eines verschwundenen Kindes – nur um einige wenige ihrer großartigen Rollen zu nennen.
Dass Jodie Foster nicht nur beim Schauspiel bleiben würden, war für niemanden eine große Überraschung. Ihr vielseitiges Talent qualifizierte sie bereits mit Das Wunderkind Tate oder Familienfest und andere Schwierigkeiten als großartige Regisseurin.
In Der Biber bewies sie nun abermals ihre Versiertheit im Umgang mit Filmen und der kohärenten Darstellung von menschlichem Versagen.


Der Film handelt vom einst erfolgreichen Firmenchef und Familienvater Walter Black (Mel Gibson), der plötzlich in den schlimmsten Depressionen versinkt und letztendlich als Akt der Verzweiflung von seiner Frau Meredith (Jodie Foster) aus dem Haus geworfen wird. Sie will nur ihre Kinder verteidigen und vor dem Leben mit einem solchen Vater schützen, der zu nichts mehr fähig ist und sich nur noch in seinem eigenen Leiden vergräbt. Walter reagiert auf den Rauswurf nur noch schlimmer, will sich mit seiner Krawatte an der Duschvorhangstange erhängen. Nachdem dies schief geht, will er sich aus dem Fenster stürzen, wird aber letztendlich im Suff von seinem eigenen Fernseher plattgemacht.
Paradoxes Bild, die unglaublich reale Nachzeichnung eines manisch Depressiven.
Doch die Geschichte wird noch viel unglaublicher: Zufällig findet Walter auf einer seiner wenigen Touren durch die menschenverlassene Stadt eine alte Handpuppe im Müll: einen Biber.

Am nächsten Morgen erwacht Walter Black aus seinem Suff durch ein beißendes ‚Steh auf!‘ neben ihm: Howgh - der Biber hat gesprochen!
Was jetzt folgt gleicht einem Auf und Ab wie es das Leben besser nicht spielen kann. Der ‚Biber‘ wird Walters Begleiter in jeder Situation, und das heißt wirklich in jeder! Der jüngste Sohn Henry (Riley Thomas Stewart) ist begeistert von seinem neuen Papa, der ab sofort nur noch durch den Biber spricht. Dieser beginnt sich rührend um seinen vormals vernachlässigten Sohn zu kümmern. Nachdem seine Frau ihn endgültig für verloren und verrückt erklärt hat, beginnt auch sie plötzlich ihren alten Gatten, den sie einst so geliebt hatte, in dem Biber zu erkennen und wird zuversichtlicher was die Heilung der Depressionen betrifft. Nur der älteste Sohn Porter (Anton Yelchin) reagiert völlig ablehnend auf die Idee seines Vaters. Er hat mit den üblichen Problemen eines Teenagers zu kämpfen und versucht seit er denken kann alles, um nicht zu werden wie sein Vater. Kleine Klebezettel an seiner Zimmerwand erinnern ihn tagtäglich an die Manieren seines Vaters (‚reibt sich die Augenbrauen‘) und lässt ihn diesen immer und immer mehr hassen – da bleibt der Biber nur die letzte schwachsinnige Vollendung.

Doch Walter Black scheint es jeden Tag besser zu gehen: Plötzlich erwacht seine heruntergewirtschaftete Firma für Kinderspielzeug wieder zu neuem Leben, erzielt ungeahnte Erfolge. Nicht nur in der Familie läuft es wieder bestens, sondern auch zwischen Meredith und Walter regen sich die längst vergessenen leidenschaftlichen Züge.
Bis eines Tages Meredith den Biber nicht mehr akzeptieren will, sie will ihren eigenen Mann zurück. Und dann passiert, was sich von Beginn an angekündigt hat und scheinbar unvermeidbar war: Man zwingt Walter die Puppe abzunehmen - und er wird wieder der alte, ziellose Depressive. Doch nun scheint auch sein Sohn Porter nicht weiter zu können. Ein weiteres Zerrütten der Familie ist unvermeidbar, alles scheint noch schlimmer zu werden. Und dann entschließt sich Walter zu einer längst überfälligen Tat...

Eine unglaubliche Geschichte von Drehbuchautor Kyle Killen, die in Jodie Foster die geeignete Regisseurin findet, welche sich wahnsinnig innig mit der Story beschäftigt. Mel Gibson ist der schon fast autobiographisch authentische Darsteller, der in seiner derzeitigen schauspielerischen Situation ziemlich perfekt für den Film scheint.
Auch die anderen Darsteller machen ihre Sache gut und Der Biber schafft es erfolgreich, die Perspektive manisch Depressiver und ihres Umfelds zu beleuchten.

Der im Trailer aufgrund der ungewöhnlichen Geschichte eher als Tragikomödie erscheinende Film zeigt sich überraschend dramatisch und tiefgründig. Die doch recht linear vorwärts strebende Geschichte wird ab und zu durch eine kleine Teenie-Romanze des ältesten Sohnes durchkreuzt, die zwar an sich eine schöne Story ist, den ‚depressiven Teil‘ allerdings nur kontrastiert und einen Aspekt in den Film integriert, der vielleicht genau das Gegenteil von dem erreicht, was er eigentlich erreichen will: Ernsthaftigkeit. Doch hierbei handelt es sich nur um kleine Nuancen, die dem Biber seine Genauigkeit und gesellschaftliche Relevanz nicht absprechen.

(geschrieben von Laura Mücke)

★★★☆☆


Originaltitel: The Beaver

Regie: Jodie Foster
Drehbuch: Kyle Killen
Kamera: Hagen Bogdanski

Darsteller:
Mel Gibson ... Walter Black
Jodie Foster ... Meredith Black
Anton Yelchin ... Porter Black
Jennifer Lawrence ... Norah
Riley Thomas Stewart ... Henry Black

USA 2011, 91 Min.
Concorde Filmverleih
Kinostart: 19.08.2011
FSK 6

Trailer:



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