Filmkritik: Pitch Perfect 2

Mit einem Startwochenende von fast 70 Millionen US-Dollar schaffte Pitch Perfect 2 in den USA etwas Besonderes in zweierlei Hinsicht: Zum einen hat der Film damit in den ersten drei Tagen mehr eingespielt als der erste Teil in seiner gesamten Spielzeit (!) - Teil 1 schaffte es im Herbst 2012 auf  insgesamt 65 Millionen Dollar - und zum anderen ist dies der beste Start einer Regie-Debütantin aller Zeiten. Denn mit der Fortsetzung des A-Cappella-Musikfilms tritt Schauspielerin Elizabeth Banks erstmals auch hinter die Kamera. Doch bei all den Rekorden ist der Film leider keineswegs rekordverdächtig: Genauer gesagt ist er regelrecht langweilig und voll von Klischees und Vorurteilen.

Alles beginnt damit, dass jede einzelne Figur, ob Mann oder Frau, ein Stereotyp wie aus dem Buche ist. Von den Bellas, den weiblichen Gesangswundern über deren männliche Pendants hin zu den beiden dämlichen Kommentatoren und den deutschen Konkurrenten. Alleine bei den Charakteren kann man schon nur noch den Kopf schütteln: Titelheldin Beca (Anna Kendrick) verschweigt ihren Bellas, dass sie sich für ein Praktikum beworben hat - die Lüge wird im Laufe des Films noch für einige "Streitereien" und "Probleme" sorgen. Fat Amy (Rebel Wilson) hat nichts anderes zu tun, als Furz- und Fäkalwitze zum Besten zu geben, die Kommentatoren (John Michael Higgins und Elizabeth Banks) sorgen für politisch unkorrekte - und dabei auch total unkomische - Sprüche und den Vogel schießt die deutsche A-Cappella-Band "Das Sound Machine" ab. Es fängt beim Namen an: "Das" Sound Machine? Na klar: Weil eine deutsche Band selber nicht mal Deutsch kann. Dann das Klischee à la carte: ALLE Nationen können hier akzentfrei Englisch reden und singen - nur die Deutschen nicht. Die haben einen derart seltsamen Akzent, dass sich einem die Fußnägel hochstellen. Und wie nicht anders zu erwarten, treten die deutschen Musiker doch tatsächlich als eine Bande von aggressiven, arroganten, schwarz-gekleideten Nazis auf, deren Bühnenshow an eine Mischung aus Rammstein und Reichsparteitag erinnert. Geht's noch?

Aber der Humor greift hier noch öfter in die unterste Schublade: Die immerzu von Todesängsten geplagte Flo aus Guatemala lässt doch tatsächlich den Spruch fallen, dass sie, wenn sie abgeschoben wurde und wieder versucht illegal einzureisen, eh auf dem Meer in einem Flüchtlingsboot stirbt. Und nein: dieser dumme Spruch ist hier keineswegs als Satire oder Kritik an der Politik der EU gedacht - es soll einfach nur lustig sein. Ist es leider kein Stück. Viel mehr ist es geschmacklos und unangebracht angesichts der aktuellen Ereignisse im Mittelmeer. Aber über solche außenpolitischen Probleme kann Hollywood eh immer hinwegsehen: Wieso sonst wird der Erdbeben-Katastrophenfilm San Andreas mit Dwayne "The Rock" Johnson nicht verschoben? Immerhin hat man damals beispielsweise auch eine Folge der TV-Serie Castle nicht gezeigt, weil zwei Wochen zuvor in Bosten der Terrorist eine Bombe gezündet hat. Vom The Interview-Debakel mal ganz zu schweigen.

Wenn man sich nun mal durch den grausigen Humor und die üblen Vorurteile geboxt hat, sollte man sich mit dem beschäftigen, weswegen man vermutlich am ehesten Pitch Perfect 2 sehen sollte: der Musik. Nach einer A-Cappella-Version der Universal Pictures Fanfare hatte ich große Hoffnungen auf tolle Performances - und im Grunde wird man dahingehend auch nicht enttäuscht: Die meisten Gesangseinlagen können sich hören lassen und machen auch meistens Spaß. Außer dann, wenn "Das Sound Machine" auftritt - dann wird es nur noch lächerlich und peinlich. Doch leider ist die Songauswahl nicht immer so gelungen. Oder anders gesagt: Ich befürchte dadurch, dass ich nicht der Zielgruppe entspringe, hatte ich bei vielen Songs das Gefühl, sie noch nie zuvor gehört zu haben. Das mindert natürlich etwas das interaktive, innerliche Mitsingen. Dass ausgerechnet Fat Amy und ihr Verehrer Bumper das beste Lied, das Liebesduett "We belong" haben, sagt dann schon alles.

Alles in allem gibt es nicht viel zu lachen, wenn man nicht gerade auf pubertären Humor der typischen US-amerikanischen Komödie steht, der sich einmal mehr zu sehr auf Furz-Witze und Sprüche über schlechten Stuhlgang beschränkt. Ab und an gibt es dann doch immerhin etwas wie Charme und das Finale ist auch schön inszeniert. Doch insgesamt ist Pitch Perfect 2 einfach viel zu konventionell und langweilig geraten. Die Figuren sind flach und uninteressant, die Geschichte austauschbar und einzig die Song-Einlagen retten den Film vor dem totalen Ausfall... oh pardon me, Fat Amy: Durchfall.

★★☆☆☆


Originaltitel: Pitch Perfect 2

Regie: Elizabeth Banks
Drehbuch: Kay Cannon
Kamera: Jim Denault
Schnitt: Craig Alpert
Musik: Mark Mothersbaugh

Darsteller:
Anna Kendrick ... Beca
Rebel Wilson ... Fat Amy
Hailee Steinfeld ... Emily
Brittany Snow ... Chloe
Skylar Astin ... Jesse
Adam DeVine ... Bumper
Katey Sagal ... Katherine
Anna Camp ... Aubrey
Ben Platt ... Benji
John Michael Higgins ... John
Elizabeth Banks ... Gail
Alexis Knapp ... Stacie
Hana Mae Lee ... Lilly
Ester Dean ... Cynthia Rose
Chrissie Fit ... Flo
Birgitte Hjort Sørensen ... Kommissar
Flula Borg ... Pieter Krämer
Kelley Jakle ... Jessica
Shelley Regner ... Ashley

USA 2015, 115 Min.
Universal Pictures
Kinostart: 14. Mai 2015
FSK 6

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