Filmkritik: The Promise
Terry Georges The Promise ist ein wichtiger Film, denn er erzählt von einem Kapitel in der Geschichte, das von den einen niemals vergessen werden kann, von den anderen hingegen bis zum heutigen Tage verleugnet wird. Die Rede ist vom Genozid der Türken an der armenischen Bevölkerung, zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Noch heute bestreitet die türkische Regierung, dass es sich bei der systematischen Ermordung von schätzungsweise 1,5 Millionen Armeniern zwischen 1915 und 1916 um einen Völkermord handelt - viel mehr sieht man in den Deportationen der Armenier "kriegsbedingte Sicherheitsmaßnahmen", während die Todesfälle auf ungünstige Umstände und vereinzelte Übergriffe zurückzuführen wären - und das obwohl es umfangreiches dokumentarisches Material aus unzähligen Quellen gibt, die den Genozid bestätigen. Georges Film, der auf einem Drehbuch von ihm selbst und Robin Swicord basiert, nimmt ganz klar die Position der Armenier an, in dem er mit seinen drei Protagonisten einen angehenden armenischen Arzt, einen US-amerikanischen Journalisten, der über den Genozid berichtet sowie dessen französische Freundin mit armenischen Wurzeln in die Kriegswirren des Osmanischen Reiches schickt.
Unaufhaltsam steuert die Geschichte schon frühzeitig auf ihr grauenvolles Schicksal zu. Mikael (Oscar Isaac) verlässt sein armenisches Dorf, um in der Weltmetropole Konstantinopel Medizin zu studieren. Doch schon bald bricht der Krieg aus und er darf nicht weiter studieren. Viel schlimmer noch: auf einmal wird er zum Gejagten und muss um sein Leben fürchten. Wie jedes historische Melodram, egal ob Vom Winde verweht, Casablanca oder Titanic, braucht auch The Promise seine tragische Liebesgeschichte, die nur schwerlich ein gutes Ende nehmen kann. Mikael verliebt sich schon bald in die hübsche Ana (Charlotte Le Bon), die mit dem Amerikaner Chris (Christian Bale) von der Associated Press liiert ist. Mehrfach im Laufe der Geschichte werden die drei von einander getrennt, finden wieder zusammen, lieben sich, sind dem Tode nahe. Diese Dreiecksgeschichte wird dem Film fast zum Verhängnis, denn nicht selten driftet der Film wegen ihr fast in überzogenen Kitsch ab. Doch jedes Mal schafft George noch einmal die Kurve, meistens dank der drastischen Bilder, die den Zuschauer von der seichten Romanze wieder zurück zur grausamen Realität führen. Schonungslos hält die Kamera drauf und macht auch vor blutigen Kinderleichen keinen Halt. Es ist eine tödliche, traumatische Reise, die vor allem Mikael und mit ihr der Zuschauer erlebt.
The Promise ist prächtig ausgestattet, toll gefilmt und mit Gabriel Yareds Score musikalisch wunderschön untermalt und funktioniert letztendlich vor allem dank seiner überzeugenden Darstellerriege. Bemerkenswert ist auch, dass der Film, immerhin rund 100 Millionen Dollar teuer (das historische Konstantinopel errichtet sich eben nicht einfach mal so), komplett vom armenisch-amerikanischen Philanthrop Kirk Kerkorian finanziert wurde und selbst der US-Verleih sich zu der Aussage hinreißen lies, dass der Film nicht dafür gedreht wurde, um Geld zu verdienen (das tat er bei einem weltweiten Einspielergebnis von gerade mal 10 Millionen Dollar auch nicht), sondern um die grausamen Ereignisse wieder in die Köpfe der Menschen zu bekommen. Ereignisse, die bis heute von der türkischen Regierung abgestritten werden. Kirk Kerkorian und Terry George gaben mit ihrem Film aber genauso ein Versprechen ab, wie Mikael: Die Erinnerung bleibt. So oder so.
★★★★☆
Originaltitel: The Promise
USA/ES 2016 | Capelight Pictures / Wonderful Films | 133 Minuten | FSK 12 | D-Start: 17. August 2017Regie: Terry George | Drehbuch: Terry George & Robin Swicord | Kamera: Javier Aguirresarobe | Schnitt: Steven Rosenblum | Musik: Gabriel Yared | Darsteller: Oscar Isaac, Christian Bale, Charlotte Le Bon, Tom Hollander, Jean Reno, James Cromwell, Marwan Kenzari
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