Filmkritik: Die Chroniken von Narnia - Die Reise auf der Morgenröte

So einfach kann es gehen: Nachdem Prinz Kaspian von Narnia, der zweite Teil der von Disney begonnenen Fantasyverfilmungen nach C.S. Lewis Kinderbuchreihe, nur noch halb so viel eingespielt hatte wie der erste Teil Der König von Narnia, beendete der Maus-Konzern die Partnerschaft mit Walden Media und verzichtete auf einen dritten Teil. Die Produzenten allerdings wollten Teil 3 machen und suchten sich ein neues Studio: Fox, mit dem eigenen Fantasy-Franchise Eragon gnadenlos gescheitert (und auch mit Percy Jackson weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben), kam mit an Bord und Teil 3, Die Reise auf der Morgenröte, konnte vor die Kameras gehen. Das Ergebnis ist finanziell ein erneuter Rückschritt (in den USA um erneut 30%, dafür international identisch und weltweit somit nicht allzu weit unter dem zweiten Teil), qualitativ aber leider ebenso. Man merkt dem Film irgendwie sein niedrigeres (aber dennoch weiterhin respektables) Budget an - immerhin kostete der Film 70 Mio Dollar weniger als der Vorgänger - und dennoch bleibt es gewohnt farbenfroh und fantasievoll.


Die beiden jüngsten Kinder der Pevensie-Geschwister kommen zurück nach Narnia, diesmal mit ihrem nervigen Cousin Eustace, der toll gespielt wird von Son of Rambow Will Poulter - im Deutschen aber mit einer immens schrecklich-nervigen Synchronstimme versehen wurde. Im Fantasiereich angekommen müssen sie mit ihrem Freund Kaspian, der nun König ist, Menschen aus der Sklaverei befreien, kämpfen erneut gegen die weiße Hexe und bekommen es diesmal mit einem gewaltigen Seeungeheuer zu tun. Überhaupt ist Die Reise auf der Morgenröte, wie der Titel schon zu vermuten gibt, ein recht wasserlastiges Abenteuer, das jedoch auch in die Lüfte geht: Eustace verwandelt sich im Laufe des Films in einen - sehr schön animierten - Drachen, sozusagen das Herzstück des Films. Ansonsten passiert so ziemlich gar nichts in Narnia, außer, dass der Löwe Aslan, der König aller Könige, am Ende wieder seinen kurzen Auftritt hat und noch deutlicher als je zuvor zu verstehen gibt, dass er Gott ist und über alle Menschen in Narnia (als Löwe) wacht, aber eben auch - unter einem anderen Namen (also nicht Aslan, sondern Gott) - auch die Menschen in der realen Welt beschützt. Diese religiöse Lehrstunde, die hier höchst aggressiv mit dem Vorschlaghammer eingebaut wurde, passt so gar nicht ins Gesamtbild rein und zerstört auch ein wenig das bis dahin unterhaltsame Abenteuer ein wenig.

Dass C.S. Lewis viel Wert auf die christliche Botschaft seiner Romane legte, sah man durchaus schon in den vorangegangenen Filmen, doch hier ist es dann doch etwas zu viel des Guten. Stattdessen hätte man ein wenig mehr Zeit in die Geschichte investieren sollen, denn die ist nach anderthalb Stunden schon vorbei (die letzten 20 Minuten sind christliche Lehrstunde am "Ende der Welt"). Ging der Vorgänger noch knapp 150 Minuten, muss man sich hier mit 113 Minuten Narnia begnügen. Im Grunde reicht das auch, doch irgendwie merkt man selbst in dieser Zeit, dass kaum etwas geschieht. Das mag auch daran liegen, dass der Film eben so wenige (fantasievolle) Sets bietet: Das große Schiff, die Morgenröte, ist ein großes Setting, ebenfalls die verlassene Stadt und die weiten, steinigen Landschaften und das schon erwähnte "Ende der Welt". Weite und tiefe Wälder sucht man vergebens, ebenso viele fantasievolle Kreaturen. Wurde man im zweiten Teil noch überrannt von dutzenden verschiedenen Figuren vom Dachs und Bieber über den Zwerg hin zum Zentauren, gibt es auf der Reise auf der Morgenröte fast nur Menschen zu sehen. Schade, denn gerade diese sprechenden Tiere machten durchaus den Charme der Filme aus. Immerhin ist Reepicheep (im Original von Simon Pegg, in der deutschen Fassung sehr elegant von Axel Malzacher gesprochen) wieder mit dabei, die heldenhafte Maus mit Degen und Feder auf dem Kopf.

Einem vierten Teil sehe ich nun recht zwiegespalten entgegen: Die beiden verbliebenen Pevensie-Kinder kommen nun auch nicht mehr zurück nach Narnia, dafür ist der Cousin Eustace wieder mit dabei. Hoffen wir auf etwas mehr "reale" Fantasie - denn die größtenteils künstlichen Sets störten durchaus den Sehgenuss ein wenig, wenn auch das Gesamtprodukt durchaus nett und unterhaltsam geworden ist. Eine Sichtung in 3D ist im Übrigen auch hier unnötig - und das nicht nur, weil der Film mal wieder erst nachträglich konvertiert wurde.


★★☆☆☆

 
Originaltitel: The Chronicles of Narnia - The Voyage of the Dawn Treader


Regie: Michael Apted

Darsteller:
Georgie Henley ... Lucy Pevensie
Skandar Keynes ... Edmund Pevensie
Ben Barnes ... Caspian
Will Poulter ... Eustace Clarence Scrubb
Tilda Swinton... Die weiße Hexe

USA 2010, 113 Min.
Twentieth Century Fox
Kinostart: 16.12.2010
FSK 12

Trailer:



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