Filmkritik: The Drop

Seine letzte Filmrolle bringt den im Juni 2013 verstorbenen James Gandolfini noch einmal in das Milieu, in dem er berühmt geworden ist: Das düstere, dreckige Crime-Drama. Der Sopranos-Star spielt in The Drop des belgischen Filmemachers Michaël R. Roskam (Bullhead) einen Bar-Besitzer, der zusammen mit seinem jüngeren Cousin Bob (Tom Hardy, The Dark Knight Rises) in Schwierigkeiten gerät, als zwei Maskierte die Bar überfallen und das Geld von den das Viertel regierenden Tschetschenen erbeuten.
Roskam inszeniert sein US-Debüt als ruhiges, nahezu unspektakuläres Gangsterdrama, in dem phasenweise Worte mehr Schaden anrichten als Taten. Und so ist es leider einer der größeren Schwachpunkte des Films, dass die Handlung sich mehr im Kreis dreht als kontinuierlich einen Schritt nach vorne zu gehen. Zwar gibt es eine kleine und eine größere Wendung (letztere in den letzten 10 Filmminuten), die jedoch nicht so schwer ins Gewicht fallen, wie vielleicht beabsichtigt. Was viel eher im Gedächtnis bleibt, sind die teilweise an der Grenze zur Komik liegenden Dialoge. Gerade Tom Hardy lässt Sprüche von sich, bei denen man sich fragt, ob er (bzw. sein Bob) das wirklich ernst meint. Es mag durchaus auch ein wenig an der deutschen Synchronisation liegen, aber man muss sich nur einmal den einen oder anderen Clip aus dem Film ansehen, den der amerikanische Verleih online zur Verfügung stellt und merkt schnell: Auch im englischen Original sind die Dialoge nicht geistreicher. Dennis Lehane, Drehbuchautor und Autor der Vorlage zum Film, scheint es also bewusst auf solche, wie man meinen könnte, lebensnahen und in seinen Augen vermutlich realistischen Dialoge abgesehen zu haben. Dass das Publikum dann allerdings immer wieder lachen muss, war vermutlich nicht seine Intension.

Davon abgesehen ist Lehane natürlich ein Mann, der großartige Geschichten erzählen kann, stammen von ihm doch die Vorlagen zu Ben Afflecks Erstling Gone Baby Gone, zu Clint Eastwoods Mystic River und zu Martin Scorseses Shutter Island. Doch waren diese drei allesamt nervenaufreibende, packende, intensive Geschichten, wirkt The Drop dagegen wie eine dünne Seifenblase. Man kann Roskam im Grunde nicht viel vorwerfen: Hardy und Gandolfini spielen spielen absolut überzeugend und (von seinen ab und an debilen Sprüchen abgesehen) gerade Hardys Bob ist ein faszinierender Charakter, aber dann ist da auch noch Noomi Rapace (Verblendung), die irgendwie blass bleibt und nichts zur Handlung beiträgt. Matthias Schoenaerts dagegen ist das kleine Highlight des Films. Als unberechenbarer Psychopath gibt der Belgier hier eine äußerst überzeugende Darstellung ab.

Letztendlich hätte man vermutlich nicht viel mehr aus der Geschichte herausholen können. The Drop ist ein routiniertes Crime-Drama mit einem durchaus überraschenden Höhepunkt, der von dem guten Schauspiel Hardys und Schoenaerts lebt und James Gandolfini einen würdevollen Abschied bietet. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass man das irgendwie auch alles schon einmal gesehen hat.

★★★☆☆


Originaltitel: The Drop

Regie: Michaël R. Roskam
Drehbuch: Dennis Lehane
Kamera: Nicolas Karakatsanis
Musik: Marco Beltrami & Raf Keunen

Darsteller:
Tom Hardy ... Bob
Noomi Rapace ... Nadia
James Gandolfini ... Cousin Marv
Matthias Schoenaerts ... Eric Deeds
John Ortiz ... Detective Torres
Elizabeth Rodriguez ... Detective Romsey

USA 2014, 106 Min.Fox Searchlight Pictures
Kinostart: 04. Dezember 2014
FSK 12

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