Serienkritik: Rome


Rome ist gelinde gesagt mit das Beste, was ich seit Jahren auf einem TV-Bildschirm gesehen habe. Eine Serie, die ihresgleichen sucht - und nicht finden wird. Bruno Heller (The Mentalist) und sein Team gehen bei der Realisierung dieses teuersten TV-Projekts der Filmgeschichte so akribisch vor, dass man aus dem Staunen nicht mehr raus kommt.
Jede Folge beginnt mit einem wunderschönen Intro, das die Straßen Roms zeigt - verziert mit Wandmalereien jedweder Art. Dazu das einprägsame Titelthema von Komponist Jeff Beal.
Die erste Staffel der Serie beginnt mit der Rückkehr von Julius Caesar aus Gallien - und endet mit seinem Tod. Die zweite Staffel zeigt den Machtkampf zwischen Octavius (dem späteren Kaiser Augustus), Mark Anton und Brutus.
 
Noch nie gab es eine fiktive Serie, die so historisch genau und nachvollziehbar war wie Rome. Man fühlt sich zu keiner Zeit wie in einem Hollywood-Film, die Sets wirken äußerst realistisch, die Darsteller sind bis zur kleinsten Nebenrolle überzeugend und die Atmosphäre trägt ebenfalls dazu bei, dass man denkt, man wäre wirklich Zeitzeuge des alten Rom vor rund 2.000 Jahren.
Das mag auch daran liegen, dass die Macher der Serie auf jedes noch so kleine Detail geachtet haben: In den Cinécitta Filmstudios bei Rom wurde die alte Stadt Stück für Stück wieder aufgebaut, die Statisten wurden sorgfältig ausgesucht (so ist jeder Fleischer in der Serie in Wirklichkeit auch Metzger oder jeder Waffenschmied wirklich Metallbauer, etc.), die Requisiten sorgfältig ausgesucht (Armbanduhren, Waffen, die erst Jahre später erfunden wurden oder Kleidung, die es nicht geben konnte sucht man hier vergebens) und vor allem die Wandmalereien, Nachrichtensprecher, Wandkalender oder Architektur sind immer historisch korrekt und so detailreich, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinsehen soll.

Nach jeder gesehenen Episode fühlte ich mich unglaublich gebildet, da die Macher der Serie keine reine Unterhaltungssendung produziert haben, sondern eine halbdokumentarische Bildungsreihe, die man ohne Zweifel im Oberstufen-Schulunterricht einsetzen sollte. Kaum eine Dokumentation könnte die Geschichte des alten Roms besser und realistischer erklären. Was eventuell gegen einen Schuleinsatz sprechen könnte, wären die äußerst brutalen Momente der Serie, in der konsequent Blut spritzt - und zwar nicht zu wenig. Deswegen ist die Serie auch erst ab 16 Jahren freigegeben, eine Episode der ersten Staffel sogar erst ab 18 Jahren freigegeben. Nichts desto trotz macht auch das die Serie glaubwürdiger, denn Brutalität war nun mal an der Tagesordnung im alten Rom.

Das Grundgerüst der Serie bilden im Übrigen nicht die bekannten historischen Figuren, sondern die, von denen man bislang vielleicht noch gar nichts - oder nur sehr wenig gehört und gesehen hat. Die beiden sehr unterschiedlichen Soldaten der 13. Armee Caesars, Lucius Vorenus und Titus Pullo, freunden sich nach ihrer Rückkehr aus Rom an und bilden quasi die Rahmenhandung von Rome. Aus ihrer Sicht erleben wir die Machtkämpfe des Reichs und die Probleme des normalen, armen Volkes. Es geht um Liebe, Ehre, Familie, den Überlebensdrang, Rache, Macht, Gier, Geld und den Tod. Kevin McKidd (Grey's Anatomy) spielt den loyalen Vorenus mit viel Charme und Intensität, so dass er schon nach der ersten Folge der wichtigste Charakter für den Zuschauer ist, mit dem man bis zuletzt mit fiebert. Gleiches gilt auch für Pullo – Darsteller Ray Stevenson (The Book of Eli), der für den nötigen Witz und raue Schlägereien sorgt. Der Darsteller mit der größten Zukunft ist aber zweifelsohne James Purefoy (Ritter aus Leidenschaft, Resident Evil und bald auch in Solomon Kane und John Carter) als Mark Anton, der mit solch einer Leidenschaft dabei ist, dass es einfach Spaß macht, ihm beim Spielen zuzusehen – und vergisst, dass er im Grunde nur spielt. Jede einzelne Szene mit Purefoy ist ein Highlight von Rome – wobei es schwer fallen wird, überhaupt Szenen zu finden, die einen nicht interessieren. Das liegt an den besagten hervorragenden Darstellern, aber auch an der spannenden Geschichte.
Umso bedauerlicher ist es, dass die Serie nach nur zwei Staffeln zu Ende war. Nicht, weil die Quoten nicht stimmten, nicht weil die Serie die teuerste aller Zeiten war. Sondern weil die Produzenten es so wollten. Zwei Jahre später bereuen sie die Absetzung zu tiefst – und sehen sich mit einem anderen Problem konfrontiert: Im August 2007 brannte das gesamte Set in Rom ab. Eine Fortsetzung der Serie schien damit endgültig ausgeschlossen – was besonders deswegen so schade ist, da die Geschichte relativ offen endet. Doch es gibt noch einen kleinen Hoffnungsschimmer: Ende 2008 sprach Bruno Heller offen von einem Kinofilm. Noch sind den Worten keine Taten gefolgt – mein Kinoticket würde ich aber für den ersten Spieltag lösen.
Rome ist das Beste, was dem Fernsehen seit Lost passieren konnte: Eine spannende, akribisch detailierte und realistische Historienserie mit hervorragenden Darstellern und dem Drang zum Perfektionismus.

5/5

Idee: Bruno Heller, William J. MacDonald, John Milius

Regie (Auswahl): Michael Apted, Allen Coulter, John Maybury
Musik: Jeff Beal


Darsteller:
James Purefoy ... Mark Antony
Kevin McKidd ... Lucius Vorenus
Ray Stevenson ...Titus Pullo
Polly Walker ... Atia of the Julii
Kerry Condon ... Octavia of the Julii
Max Pirkis ... Gaius Octavian (jung)
Simon Woods ... Gaius Octavian Caesar (alt)
Ciarán Hinds ... Gaius Julius Caesar
Zuleikha Robinson ... Gaia
Lyndsey Marshal ... Cleopatra

Trailer:

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