Filmkritik: Drachenzähmen leicht gemacht













Die erste Frage, die sich mir stellte, als ich einen Ausschnitt aus Drachenzähmen leicht gemacht sah, war: Wieso sieht der Drache aus wie Stitch aus Disneys Lilo & Stitch? Die Antwort hatte ich schnell gefunden. Bei dem neuesten Dreamworks/PDI-Animationsfilm handelt es sich um die neue Regiearbeit der beiden Lilo & Stitch - Macher Chris Sanders und Dean DeBlois. Was gleichzeitig auch schon mal ein gutes Polster war, denn besagter Zeichentrickfilm aus dem Maus-Haus ist durchaus ein schräges Werk gewesen. Also ich in Chris Sanders' Filmografie weiterlas, fing ich dann schon fast an zu sabbern: Der gute Mann hat an den Drehbüchern der drei größten Disney-Filme der 90er mitgeschrieben: Der König der Löwen, Aladdin und Die Schöne und das Biest.

Mit diesem guten Gefühl im Hinterkopf konnte der Film doch nicht viel falsch machen - zumindest inhaltlich. Und ich sollte nicht enttäuscht werden: Das auf einem Kinderbuch basierende Skript ist gut geschrieben, hat tolle, schräge Figuren, einen mutigen, sympathischen Helden, gute Actionsequenzen, Spannung, viele Emotionen und eine ganze LKW-Ladung Humor. Und zwar von der schrägen Sorte. Die Geschichte erzählt von einem Wikinger-Stamm in einem Dorf namens Berk (ob das wirklich "Berg" heißen soll für die Amerikaner?), der seit Generationen gegen Drachen zu kämpfen hat, die ihnen das Futter klauen. Doch der pfiffige Hicks (im englischen Hiccup) ist viel zu schmächtig und tollpatschig, um es mit den gewaltigen Bestien aufzunehmen. Das wird ihm jedenfalls immer wieder - vor allem von seinem Vater - eingeredet. In Eigenregie schießt er mit einer selbstgebauten Maschine den legendären Nachtschatten ab, den zuvor noch nie ein Mensch zu Gesicht bekam. Doch jetzt, wo er die Chance hat, endlich einen Drachen zu töten und sein Volk und seinen Vater stolz zu machen, zweifelt er an der Logik und dem traditionellen Vorgehen. Er erkennt, dass die Drachen kein bisschen bösartiger sind, als die Menschen, dass sie mindestens genausoviel Angst haben - und dass sie das Futter überhaupt nicht für sich klauen - sondern für einen gigantischen Mega-Drachen, der in einem Bergmassiv lebt.

Drachenzähmen leicht gemacht geht mit dem Thema "Tod" recht unkompliziert um, was vielleicht dazu führen mag, dass der Film - trotz (oder immerhin?) Freigabe ab 6 Jahren - für sensible Kinder unter 10 Jahren vielleicht etwas zu grob und gruselig sein mag. Immerhin wird hier offen und unkompliziert über das Morden von Tieren gesprochen. Doch Hicks findet ja in seinem Drachen, den er trotz gewaltiger Fangzähne "Ohnezahn" nennt, einen treuen Freund, mit dem er die Sichtweise seines Stammes umwälzen will. Dass ihm das am Ende natürlich auch gelingt, ist keine große Überraschung - doch der Weg dahin ist durchaus steinig. Die Geschichte plätschert zu keinem Zeitpunkt vor sich hin, im Gegenteil: Es geht los mit einer sehr kurzen Einführung in die Geschichte, erzählt von Hauptfigur Hicks - und schon ist man mittendrin im Drachenkampf.

So bleibt dem Zuschauer in dem knapp 100minütigen Film kaum Zeit durchzuatmen, vor allem nicht, wenn es zu den großartigen Flugsequenzen kommt. Vor allem in der 3D-Version des Films wird man hier seine helle Freude haben. Gerade (und wohl auch nur) wegen dieser Szenen lohnt sich die 3D-Fassung auf jeden Fall, aber der Film wird kein bisschen schwächer sein in der normalen 2D-Version. Die Animationen sind gelinde gesagt perfekt, solch Qualität war man bislang nur von Pixar-Filmen gewohnt. Auch die Musik ist die mit Abstand beste, die ein Dreamworks/PDI-Animationsfilm bislang zu bieten hatte, auch hier hat John Powell sich ins Zeug gelegt und den Pixar-Filmmusiken Konkurrenz gemacht. Und a propos Konkurrenz: Es wäre durchaus möglich, dass Drachenzähmen leicht gemacht bei der nächsten Oscar-Verleihung fast schon ausnahmsweise mal eine ernsthafte Konkurrenz für den alljährigen Pixar-Film (in diesem Jahr Toy Story 3) wäre. Was in der deutschen Fassung des Films auch sehr positiv auffällt, ist die Synchronisation: Die Wikinger sprechen nämlich allesamt Platt-Deutsch, was besonders lustig ist. Die Ausnahme bilden hierbei im Übrigen die jugendlichen (Haupt)Charaktere.

Ohne Zweifel ist dem Dreamworks/PDI-Team hier der beste Film gelungen, den das Studio (Shrek, Madagascar) bis heute produziert hat. Denn so durchgängig unterhaltsam und amüsant und gleichzeitig auch liebenswert gemacht und eben auch perfekt animiert war auch der erste Shrek - Film nicht. Und den muss man auch erstmal schlagen.

Erstmalig veröffentlicht am  4. April 2010

★★★★★


Originaltitel: How to train your Dragon

Regie: Chris Sanders & Dean DeBlois
Drehbuch: Chris Sanders & Dean DeBlois & William Davies
Musik: John Powell

Darsteller:
Jay Baruchel ... Hiccup
Gerard Butler ... Stoick
Craig Ferguson ... Gobber
America Ferrera ... Astrid
Jonah Hill ... Snotloud
Christopher Mintz-Plasse ... Fishlegs
Kristen Wiig ... Ruffnut
T.J. Miller ... Tuffnut

USA 2010, 98 Min.
Dreamworks Animation
Kinostart: 25. März 2010
FSK 6

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