Oscar-Special 2013

Argo

7 Nominierungen: Film / Drehbuch (adaptiert) / Nebendarsteller (Alan Arkin) / Schnitt / Musik / Tonschnitt / Tonmischung

Chancen: Nachdem Ben Afflecks dritte Regiearbeit bereits den Golden Globe, den Producers Guild Award und den BAFTA gewonnen hat, dürfte es niemanden mehr überraschen, wenn Argo auch den Oscar gewinnen sollte. Dass der Regisseur selbst dabei nicht nominiert ist, sollte ausnahmsweise keine große Rolle spielen. Drehbuchautor Chris Terrio hat sehr gute Arbeit geleistet, aber hier könnten dennoch Life of Pi oder Lincoln die Nase vorne haben. Alan Arkin scheint chancenlos zu sein, der Schnitt und die beiden Ton-Kategorien könnten aber überraschenderweise auch an Argo gehen. Es könnte aber auch durchaus sein, dass es ausnahmsweise mal einen "bester Film" Gewinner gibt, der nur 1-2 andere Awards mit nach Hause nehmen darf.

Persönliche Einschätzung: Argo ist ein wundervoller Film über Mut und Hoffnung, teilweise sehr spannend, immerwieder höchst amüsant und thematisch immer hochaktuell. Schauspielerisch glänzen vor allem Arkin und John Goodman, doch Ben Afflecks Regie ist absolut routiniert und mit dem Blick auf die wesentlichen Dinge gerichtet, ohne dabei kleine, feine Details aus den Augen zu verlieren. Argo wäre ein verdienter Gewinner, ein Film, der berührt und interessiert und dennoch zeitgleich leicht unterhält.


Beasts of the Southern Wild

4 Nominierungen: Film / Regie (Benh Zeitlin) / Drehbuch (adaptiert) / Hauptdarstellerin (Quvenzhané Wallis)

Chancen: Der Film scheint chancenlos zu sein - erhielt er doch all seine Nominierungen überraschenderweise wie aus dem Nichts. Wallis spielt zweifelsohne ambitioniert und für ihr Alter sehr, sehr gut - aber einen Oscar ist das noch lange nicht wert. Das Drehbuch hingegen ist sehr schön und fantasiereich, aber vermutlich auch ohne jede Chance. Beasts of the Southern Wild ist der eindeutige Außenseiter in diesem Jahr.

Persönliche Einschätzung: Der spannende, visuell sehr schön gefilmte Fantasyfilm, der eigentlich keiner ist, könnte überraschen, wird er aber vermutlich nicht. Die Konkurrenz ist zu stark in diesem Jahr und es gibt andere, die in den gleichen Kategorien einen Sieg noch etwas mehr verdient hätten.*

* leider habe ich von Beasts of the Southern Wild bislang nur die erste Filmhälfte gesehen.

 
Django Unchained

5 Nominierungen: Film / Drehbuch (Original) / Nebendarsteller (Christoph Waltz) / Kamera / Tonschnitt

Chancen: Sowohl Tarantino als auch Waltz haben sehr gute Chancen, hier den Preis mit nach Hause zu nehmen, wobei das Drehbuch die besten Aussichten haben sollte, ist hier als Konkurrent im Grunde nur Zero Dark Thirty zu nennen - und der sollte wie in so vielen Kategorien das Nachsehen haben. Waltz muss sich am ehesten noch Tommy Lee Jones geschlagen geben, der bei einem überraschenden Lauf Lincolns eventuell doch der Gewinner sein könnte. Kameramann Robert Richardson muss sich vermutlich Claudio Miranda (Life of Pi) oder Roger Deakins (Skyfall) unterordnen.

Persönliche Einschätzung: Django Unchained ist nach Inglourious Basterds der nächste äußerst gelungene Tarantino-Film, was vor allem an seinem großartigen, irrwitzigen und kreativen Drehbuch liegt, aber auch an den Leistungen von Christoph Waltz und dem erneut schändlich übersehenen Leonardo DiCaprio. Dass der Film etwas zu lang geraten ist - vor allem nach King Schultz Abtreten scheint er kein schnelles Ende nehmen zu wollen - sei ihm verziehen.

Les Misérables

8 Nominierungen: Film / Hauptdarsteller (Hugh Jackman) / Nebendarstellerin (Anne Hathaway) / Song / Kostüme / Makeup / Ausstattung / Tonmischung

Chancen: Anne Hathaways Auszeichnung scheint allgemein gesetzt zu sein, auch wenn ihr kurzer Auftritt keinen Oscar wert ist - hier sollten Amy Adams oder Sally Field den Vorzug erhalten. Ansonsten könnte es bei den Kostümen, dem Makeup und der Ausstattung noch etwas werden. Hugh Jackman dürfte keine Chance haben und auch der Song-Award ist nicht in greifbarer Nähe.

Persönliche Einschätzung: Der überraschend enttäuschende Film hätte ein typischer Oscarfilm werden können, stattdessen ist Tom Hoopers steife Inszenierung sehr emotionslos und exzentrisch geraten. Russell Crowe gleicht einem Roboter (der selbstredend nicht wirklich singen kann), Anne Hathaways Auftritt ist kurz und unspektakulär und Hugh Jackman hat bei der Eröffnungsnummer der Oscarverleihung vor ein paar Jahren besser und packender gesungen als hier. Helena Bonham Carter, Sascha Baron Cohen und das junge Trio Amanda Seyfried, Eddie Redmayne und Samantha Barks können schauspielerisch und auch gesanglich voll überzeugen, ansonsten wirkt das pompöse und groß aufgemachte Musical erschreckend klein - spielt sich doch die gesamte Revolution in einer mickrigen Gasse mit 30 Leuten ab, deren Tod so uninteressant inszeniert ist, dass Emotionen kaum vorhanden sind.

Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger

11 Nominierungen: Film / Regie (Ang Lee) / Drehbuch (adaptiert) / Kamera / Schnitt / Musik / Song / Ausstattung / Effekte / Tonmischung / Tonschnitt

Chancen: Prinzipiell hätte Life of Pi das Zeug zum großen Gewinner - doch er wird sich vermutlich in vielen Kategorien schlagen lassen: Regisseur Ang Lee hat vielleicht noch gute Chancen, in der Film- und Drehbuch-Kategorie wird es aber vermutlich jeweils Argo werden. Dafür sollten Kamera, Musik und Effekte fast gesetzte Auszeichnungen sein.

Persönliche Einschätzung: Ang Lees wunderschönes, herzergreifendes, einzigartig gefilmtes Werk erzählt die unglaubliche Geschichte eines Jungen, der alleine auf einem Rettungsboot mit einem ausgewachsenen bengalischen Tiger ausharren muss und dabei Leid und Liebe hautnah erfährt. In atemberaubendem 3D fasziniert die Geschichte von Anfang bis Ende und ist schon jetzt einer meiner neuen Lieblingsfilme.

 
Liebe

5 Nominierungen: Film / Regie (Michael Haneke) / Drehbuch (original) / Hauptdarstellerin (Emmanuelle Riva) / Nicht englischsprachiger Film
Chancen: Michael Hanekes Film wird ohne Zweifel der beste nicht englischsprachige Film werden - mehr aber auch nicht. Zu groß ist die Konkurrenz und außer für Hauptdarstellerin Riva wäre auch kein anderer Preis verdient.

Persönliche Einschätzung: Hanekes etwas überschätzter Film überzeugt einzig und allein durch sein starkes Hauptdarsteller-Duo Riva und Jean-Louis Trintignant (der schändlicherweise nicht nominiert ist). Das Drehbuch und die Regie sind routiniert, aber keinesfalls außergewöhnlich - zu gewöhnlich war die Geschichte, und vor allem viel zu zäh und einfallslos die Inszenierung.


Lincoln

12 Nominierungen: Film / Regie (Steven Spielberg) / Drehbuch (adaptiert) / Hauptdarsteller (Daniel Day-Lewis) / Nebendarsteller (Tommy Lee Jones) / Nebendarstellerin (Sally Field) / Kamera / Schnitt / Musik / Ausstattung / Kostüme / Tonmischung

Chancen: Lincoln hätte man vor 2 Monaten noch jeden Preis zugetraut - nach dem angefangenen Siegeszug von Argo jedoch könnte Spielbergs Film überraschenderweise sehr enttäuschen und bei 12 Nominierungen maximal 2-3 Trophäen einheimsen. Vielleicht kommt aber auch alles anders: Spielberg selbst hat gute Chancen wieder zu gewinnen, auch Daniel Day-Lewis sollte ziemlich sicher seinen dritten Award erhalten. Dann wird es schon schwieriger: Tommy Lee Jones muss sich gegen Christoph Waltz durchsetzen, Kamera, Schnitt und Musik sind ein Zweikampf vor allem mit Life of Pi

Persönliche Einschätzung: Leider etwas zäh und langatmig inszeniert, aber schauspielerisch dafür absolut hervorragend, ist Spielbergs Film ein zweischneidiges Werk: Einerseits ein schön gefilmtes, toll gespieltes Politdrama, auf der anderen Seite kein allzu außergewöhnlicher Film und wenig einfallsreich und innovativ - eben mehr War Horse als Schindlers Liste.


Silver Linings Playbook

8 Nominierungen: Film / Regie (David O. Russell) / Drehbuch (adaptiert) / Hauptdarsteller (Bradley Cooper) / Hauptdarstellerin (Jennifer Lawrence) / Nebendarsteller (Robert DeNiro) / Nebendarstellerin (Jackie Weaver) / Schnitt

Chancen: Vielleicht neben Beasts of the Southern Wild und Liebe der dritte Außenseiter. Die beiden Hauptdarsteller müssen sich vermutlich schlagen lassen, haben aber sicherlich noch die besten Chancen von allen. Russell wird weder beim Drehbuch, noch bei der Regie Erfolg haben, die Nebendarsteller erst Recht nicht.

Persönliche Einschätzung: Etwas überbewertete Tragikomödie, die zweifelsohne sehr gut gespielt ist und auch sehr unterhaltsam ist, der aber das gewisse Etwas fehlt und damit zu gewöhnlich ist. Gerade im Vergleich zu den anderen Nominierten der Kategorie "bester Film" ist Silver Linings Playbook eindeutig der gewöhnlichste Film.


Zero Dark Thirty

5 Nominierungen: Film / Drehbuch (original) / Hauptdarstellerin (Jessica Chastain) / Schnitt / Tonschnitt

Chancen: Hätte man Zero Dark Thirty vor einigen Wochen noch zusammen mit Lincoln die größten Chancen zugesprochen, kann sich Jessica Chastain freuen, dass sie nun noch die einzige halbwegs sichere Bank für das Team um Kathryn Bigalow ist. Vielleicht hat noch Drehbuchautor Mark Boal eine Chance, ansonsten scheint hier der Zug abgefahren zu sein.

Persönliche Einschätzung: Der Trailer verspricht routinierte, packende Szenen und realistische Einblicke in die CIA-Arbeit bei der Bekämpfung des Terrors.*

* leider habe ich Zero Dark Thirty bislang nicht gesehen.


Gesamtübersicht:

5 Oscars:
Life of Pi: Kamera / Musik / Tonschnitt / Tonmischung / Effekte

3 Oscars:
Argo: Film / Drehbuch (adaptiert) / Schnitt
Lincoln: Regie / Hauptdarsteller / Ausstattung
Les Misérables: Nebendarstellerin / Kostüme / Makeup

2 Oscars:
Django Unchained: Drehbuch (original) / Nebendarsteller

1 Oscar:
Zero Dark Thirty: Hauptdarstellerin
Liebe: Nicht englischsprachiger Film

Wreck-it Ralph: Animierter Film
Skyfall: Song

Kommentare