Filmkritik: Hidden Figures

Man sollte denken, dass Filme wie Hidden Figures oder The Help ein dunkles, aber vergangenes Kapitel der US-amerikanischen Kultur darstellt. Dass die Zeiten, in denen Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts benachteiligt werden, vorbei sind. Dass Worte wie Diskriminierung und Rassentrennung heute Fremdwörter sind. Doch gerade in Zeiten wie diesen, in denen ein rassistischer, frauenverachtender, große Sprüche klopfender Milliardär das mächtigste Land der Welt anführt, sind Themen wie diese wichtiger denn je. Und deswegen ist Theodore Melfis Hidden Figures auch nicht einfach nur ein weiterer filmischer Versuch, die Probleme aus dem letzten Jahrhundert wiederzugeben, sondern ein Weckruf und Appell an uns alle, dass es auch heute noch zu diesen Diskriminierungen und Vorurteilen kommt, weltweit und aktuell immer stärker und feindseliger.

Der Film, der auf einer wahren Begebenheit basiert, erzählt die weitgehend unbekannte, aber nicht weniger uninteressante oder spannende Geschichte von einer Gruppe afroamerikanischer Frauen, die für die NASA arbeiten. Gleich doppelt benachteiligt - Geschlecht und Hautfarbe sprechen zu dieser Zeit erst einmal deutlich gegen sie - erkämpfen sich Katherine Johnson (Taraji P. Henson), Dorothy Vaughn (Octavia Spencer) und Mary Jackson (Jenalle Monáe) ihren Platz unter den weißen Männern. Es ist ein harter, langer Weg (im wahrsten Sinne des Wortes: Die Toilette für Farbige liegt eine Meile entfernt vom Arbeitsplatz der Space Task Group, für die Katherine neuerdings als erste Frau und Farbige als Mathematikerin arbeitet) - und nicht immer läuft alles so, wie sie es sich vorgestellt hatten: Mary muss vor Gericht ihr Recht auf ein Studium an einer Universität, an der bislang nur Weiße zugelassen waren, einklagen, Dorothy wird von ihrer Vorgesetzten (Kirsten Dunst) abwertend behandelt und Katherine sieht ihre Kinder kaum, weil ihr neuer Chef (Kevin Costner) seinem Team unzählige Überstunden abverlangt.

Hidden Figures ist wahrlich eine kleine Heldengeschichte, die drei Frauen bestreiten ihren mühsamen Weg voller Energie und Zuversicht und lassen sich auch von Rückschlägen nicht wirklich von ihrem Willen abbringen, bei der so weiß und männlich besetzten Weltraumbehörde einen bleibenden Eindruck (oder eher Abdruck) zu hinterlassen. John Glenn (Glen Powell), der erste Amerikaner, der die Erde im Weltraum umkreiste, bringt es auf den Punkt: "Schön, dass die NASA den guten, alten Grips nicht aufgegeben hat." Dass Intelligenz farben- und geschlechtslos ist, wurde vor knapp 60 Jahren auch eindrucksvoll erwiesen. Melfi gelingt es in jedem Fall seine drei Protagonistinnen als sympathische Kämpfernaturen zu inszenieren, während Kevin Costner als zunächst unnahbarer Workaholic als Erster unter den Weißen einsieht, dass man den Wettlauf gegen die Zeit (und gegen die Russen) nicht gewinnen kann, wenn man seine Mitarbeiterinnen eine Meile weit ans andere Ende des NASA-Geländes rennen lässt. Natürlich arbeitet der Film mit vielen Stereotypen, wie dem neidischen Kollegen  Paul (Jim Parsons), der wehement versucht, Katherine ihren Erfolg streitig zu machen oder der miesepetrigen Kirsten Dunst und natürlich wird der amerikanische Weltraumheld John Glenn allen voran als Freund der Farbigen porträtiert, doch gelingt es dem Film weitestgehend ohne Kitsch und allzu aufdringlich erhobenen Zeigefinger seine anrührende Geschichte zu erzählen. Dabei helfen vor allem die Musik des Trios Hans Zimmer, Pharrell Williams und Benjamin Wallfisch, aber auch die von Mandy Walker schön gefilmten Bilder von bunten Kleidern und schicken Anzügen inmitten von Rechenmaschinen und Raketen.

★★★★☆


Originaltitel: Hidden Figures

Regie: Theodore Melfi
Drehbuch: Theodore Melfi & Allison Schroeder
nach dem Roman von Margot Lee Shetterly
Kamera: Mandy Walker
Schnitt: Peter Teschner
Musik: Hans Zimmer & Pharrell Williams & Benjamin Wallfisch

Darsteller:
Taraji P. Henson ... Katherine G. Johnson
Octavia Spencer ... Dorothy Vaughan
Janelle Monáe ... Mary Jackson
Kevin Costner ... Al Harrison
Kirsten Dunst ... Vivian Mitchell
Jim Parsons ... Paul Stafford
Mahershala Ali ... Colonel Jim Johnson
Aldis Hodge ... Levi Jackson
Glen Powell ... John Glenn
Kimberly Quinn ... Ruth

USA 2016, 137 Min.
20th Century Fox
Kinostart: 2. Februar 2017
FSK 0

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