Filmkritik: Man of Steel

Superman Begins. So hätte man Zack Snyders Film auch benennen können. Das wäre dann, wenn man ehrlich ist, aber auch schon alles, was Man of Steel mit Christopher Nolans erstem Batman-Film Batman Begins gemeinsam hat. Okay, den Autor/Produzenten Nolan noch, aber das ist es dann wirklich gewesen. David S. Goyer schrieb hier nach einer Idee von ihm und Nolan ein Drehbuch, das die Anfänge Kal-Els, Supermans, zeigen soll. Das gelingt ihnen, man muss es einfach sagen, zu fast keinem Zeitpunkt zufriedenstellend - und noch schlimmer: kaum interessant und unterhaltsam.
Der Film beginnt mit einer gefühlt 20-minütigen Einstiegssequenz auf Krypton, dem Heimatplaneten des titelgebenden Helden. Der Planet ist dem Untergang geweiht, weil man den Planetenkern ausgeschöpft hat (da leuten schon die Alarmglocken: Moment mal, kennt man das nicht schon?). Der meuternde und brutale General Zod (Michael Shannon als Rumpelstilzchen) stürmt den Ältestenrat (schon wieder: das sieht alles aus, wie schon hundertmal gesehen), bringt Jor-El (Russell Crowe), Supermans Vater, um und wird dafür in ein schwarzes Loch verbannt. Und jetzt kommt der Knaller: Zwei Minuten nach der Verbannung implodiert der gesamte Planet. Und mit der Zerstörung hebt sich "leider" auch die Verbannung von Zod auf. Toll, oder?

Nun kommt der Sprung auf die Erde, zu der der wenige Stunden alte Kal-El gerade noch rechtzeitig mittels Rettungskapsel geschickt wird. Dort gibt es jetzt eine Stunde lang uninteressante, langweilige Szenarien zu Boot, im arktischen Eis und in Rückblicken mit dem Teenanger Clark Kent zusammen mit Erden-Vater Kevin Costner, der lieber selber stirbt, als von seinem Sohn gerettet zu werden. Nach anderthalb Stunden etwa - da sind viele Filme schon vorbei - kommt so etwas wie Unterhaltung auf. Eine Kleinstadt, Smallville, wird in Schutt und Asche gelegt. Das sieht nett aus, ist unterhaltsam, aber die Kämpfe sind irgendwann auch nicht mehr übermäßig interessant. Und dann das Finale: New York, New York. Mal wieder wird es von Außerirdischen zerstört. Diesmal vielleicht sogar noch etwas mehr als sonst: Die Kampfszenen mit den Fliegenden Protagonisten Superman und Zod sind zwar teilweise sehr gut gefilmt, aber es scheint einfach kein Ende zu nehmen. Faust auf Faust, Feuer, einstürzende Gebäude, Explosionen, Laserbeschuss. Das Ende des Kampfes lässt dann nur noch eine Frage im Raum stehen: Warum hat ein gewissen Held das nicht schon eine Stunde vorher gemacht?

Man of Steel ist technisch sehr hochwertig, man sieht dem Film sein 225 Millionen Dollar Budget zu jeder Minute an. Leider wirkt vieles aber viel zu plastisch, viel zu unecht. Krypton ist ein einziges CGI-Land ohne einen Funken Realismus - und noch dazu mit Kreaturen, die man eben mal aus Avatar geklaut hat. Die ständigen rein-und-raus-Zooms bei Flugszenen nerven über alle Maßen: was soll das? Will man hier ein suchendes Auge immitieren? Auch wirkt Superman beim Fliegen mehrfach zu eindeutig wie ein Mann im Kostüm vor einer grünen Leinwand. Das Staraufgebot kann seinem Ruf natürlich auch nicht gerecht werden: Amy Adams spielt hier mehrere Etagen unter ihrem Niveau und Können, ebenso Michael Shannon. Laurence Fishburne, Kevin Costner, Diane Lane... sie wirken wie fehl am Platze. Henry Cavill als Titelheld macht zwar eine gute Figur, aber er hat im ganzen Film vermutlich nicht mehr als gefühlte zehn Dialogzeilen. Das kann doch nicht der emotionale Held sein, den wir uns alle wünschen? Überhaupt: Die Dialoge sind wirklich unter aller Sau, der Film nimmt sich viel ernster, als er ist, keinerlei Selbstironie, keine coolen Sprüche, kein Witz, kein Charme. Kal-El ist einfach kein Bruce Wayne.

Man könnte jetzt noch ewig weiter über die inhaltlichen Schwächen, die miese Dramaturgie und die fehlenden Überraschungsmomente philosophieren, oder man einigt sich einfach darauf, dass Man of Steel ein visuell eindrucksvolles Werk ist, das allerdings zu wenig Spaß macht, um richtig unterhaltsam zu sein. Zu schnell ist man langweilt und man hätte einfach so viel besser machen können, wenn man hier eine interessantere Geschichte präsentiert hätte. Es wirkt so, als hätte Goyer einfach keine Lust gehabt, hier ein gutes Drehbuch zu schreiben. Und Nolans Unterstützung war wohl auch eher gering. In jedem Fall sind es 150 lange Minuten, die man über sich ergehen lassen muss. Und dafür wird man einfach bei Weitem nicht ausreichend genug und gut unterhalten.


★★☆☆☆


Originaltitel: Man of Steel

Regie:
Drehbuch: David S. Goyer
Story: Christopher Nolan & David S. Goyer
basierend auf den Charakteren von Jerry Siegel & Joe Shuster
Kamera: Amir Mokri

Darsteller:
Henry Cavill ... Clark Kent / Kal-El
Amy Adams ... Lois Lane
Michael Shannon ... General Zod
Diane Lane ... Martha Kent
Russell Crowe ... Jor-El
Antje Traue ... Faora-Ul
Harry Lennix ... General Swanwick
Richard Schiff ... Dr. Emil Hamilton
Kevin Costner ... Jonathan Kent
Laurence Fishburne ... Perry White
Ayelet Zurer ... Lara Lor-Van

USA/CAN/UK 2013, 143 Min.
Warner Bros.
Kinostart: 20.06.2013
FSK 12


Trailer:



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