Filmkritik: The Imitation Game
Die Geschichte klingt schon nach dem perfekten Oscar-Stoff - und sollte es letztendlich auch werden, wie wir spätestens seit letzter Woche wissen, als der Film für acht Academy Awards nominiert wurde. Alan Turing (Cumberbatch) bewirbt sich auf dem englischen Landsitz Bletchley Park, wo das Militär im Zweiten Weltkrieg seinen Sitz hatte, für einen Job, der sich schon bald als geheime Arbeit an der Entzifferung des deutschen Nachrichtenverkehrs, der Enigma-Maschine, herausstellte. Während Turing, ein schüchterner, exzentrischer Eigenbrödler, an seiner eigenen Maschine bastelt, die er 'Christopher' nennt, ist sein Team immer weniger gut auf ihn zu sprechen. Einzig die hübsche, wie auch intelligente Joan (Keira Knightley) hält eisern zu ihm.
Schon früh fällt auf, dass der Film überraschend lustig ist, was man von einem Kriegsdrama vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte. Doch das tolle Drehbuch von Graham Moore hat vor allem in der ersten Filmhälfte einen Schlagabtausch nach dem anderen auf Lager und die Arroganz und Intelligenz Turings wird zu Cumberbatchs kleinem Meisterstück. Seine Wandlung im späteren Verlauf des Films zum missverstandenen, leidenden Einsiedler ist gerade in den letzten Filmminuten überragend und übertrifft selbst die tollen Darbietungen von Eddie Redmayne in Die Entdeckung der Unendlichkeit oder Michael Keaton in Birdman. Cumberbatchs Turing ist einer der größten Sympathieträger, die man seit Langem im Kino gesehen hat, ein Held, den man einfach mögen muss und mit dem man bis zum tragischen Ende mitfiebert.
Keira Knightley ist als Joan hier wohl so gut wie seit Abbitte und Stolz und Vorurteil nicht mehr. Ihre jugendliche Lebensfreude, ihr Humor und ihre Gutherzigkeit helfen Turing dabei, nicht aufzugeben und einen wahren Freund zu haben. Charles Dance (Game of Thrones) und Mark Strong (Der Sternwanderer) gehören ebenfalls zum exzellenten Cast, der bis in die kleinste Nebenrolle überzeugt. Auch Alexandre Desplats Musik ist wundervoll und trägt zur gelungenen Atmosphäre bei. Inszenatorisch haben Regisseur Tyldum und Autor Moore auch noch einige gute Ideen auf Lager, beziehungsweise wissen, wie man sie gut umsetzt: Hatte ich mich in Unbroken noch über die unnötigen wie auch schlecht integrierten Rückblenden geärgert, sind sie in The Imitation Game nicht bloße Lückenfüller: Die Nebenhandlung in Turings Kindheit bringt uns den Menschen Alan Turing näher und lässt ihn menschlicher erscheinen, während die Rahmenhandlung in der Gegenwart (die 1952 stattfindet) die Klammer zwischen allem setzt.
Wenn der Abspann dann beginnt, ist man begeistert von Benedict Cumberbatch, überrascht von Morten Tyldums toller, routinierter Inszenierung, den vielen überraschend lustigen, aber auch den tragischen Momenten, von Keira Knightley, Alexandre Desplat und Alan Turing... ohne den es wahrscheinlich nicht den Laptop geben würde, auf dem diese Kritik gerade verfasst wurde.
★★★★☆
Originaltitel: The Imitation Game
Regie: Morten Tyldum
Drehbuch: Graham Moore
basierend auf dem Buch von Andrew Hodges
Kamera: Oscar Faura
Schnitt: William Goldenberg
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller:
Benedict Cumberbatch ... Alan Turing
Keira Knightley ... Joan Clarke
Mark Strong ... Stewart Menzies
Charles Dance ... Commander Denniston
Matthew Goode ... Hugh Alexander
Rory Kinnear ... Det. Robert Nock
Allen Leech ... John Cairncross
Matthew Beard ... Peter Hilton
Tuppence Middleton ... Helen
Tom Goodman-Hill ... Sergeant Staehl
Alex Lawther ... Alan Turing (young)
Jack Bannon ... Christopher (young)
UK/USA 2014, 114 Min.
Square One Entertainment / StudioCanal
Kinostart: 22. Januar 2015
FSK 12
Kommentare
Kommentar veröffentlichen