Das Kabinett des Dr. Parnassus (The Imaginarium of Doctor Parnassus)

Regie + Drehbuch:
Terry Gilliam

Darsteller:
Heath Ledger ... Tony
Johnny Depp ... Imaginarium Tony #1
Jude Law ... IImaginarium Tony #2
Colin Farrell ... Imaginarium Tony #3
Lily Cole ... Valentina
Christopher Plummer ... Doctor Parnassus
Verne Troyer ... Percy
Tom Waits ... Mr. Nick


Kritik:

Wenn ein Regisseur für seine wirklich überaus schrägen, märchenhaften und fantasievollen Geschichten berühmt und berüchtigt ist, dann ist das nicht Tim Burton, sondern der Brite Terry Gilliam. Schon zu Zeiten der Monty Python, deren Mitglied er war, zeigte sich, dass hier das kreativste Talent der Komikertruppe Gilliam heißt, war er doch meist für das überaus optisch interessante Produktionsdesign der Kinofilme sowie die Animationen verantwortlich. Wer erinnert sich nicht an die scheinbar sinnlose Szene in Das Leben des Brian, in der ein Raumschiff - aus Kostengründen ausschließlich mit Material von einem Schrottplatz gebaut - mitsamt Aliens über dem heiligen Land abstürzt.

Nach den Pythons folgten für Gilliam einige großartige, visuell immer wieder beeindruckende Werke, von Brasil über Baron Münchhausen und Fear and Loathing in Las Vegas hin zu seinen aktuelleren Filmprojekten wie Brothers Grimm und Tideland. Mit Das Kabinett des Dr. Parnassus hat er nun einen weiteren Meisterstreich hingelegt: Der Film erzählt die Geschichte des unsterblichen Dr. Parnassus, dem diese Gabe nach einer Wette mit dem Teufel auferlegt wurde. Das Problem: Er muss ihm seine Tochter ausliefern, sobald sie 16 Jahre alt ist. Doch der Teufel liebt Spiele und lässt sich immer wieder auf einen neuen Wettkampf ein. Als der mysteriöse Fremde Tony auftaucht, schöpft Parnassus neuen Mut bezüglich seiner Tochter.

Wie man es von Terry Gilliam gewöhnt ist, muss man ganz genau hinsehen und aufpassen, um wirklich jedes Detail - sei es rein optisch oder auch inhaltlich - aufzuschnappen. Das ist auch das im Grunde einzige Problem des Films: Die Geschichte ist überaus interessant und auch sehr gut umgesetzt, nur zeigt sich vor allem zum Ende hin, dass Gilliam hier zu viel Inhalt reinpacken wollte. Trotz seiner zwei Stunden ist der Film äußerst kurzweilig und leider etwas zu vollgepackt. All die Ideen wären es wert gewesen, den Film noch eine halbe Stunde länger zu machen - was allerdings an Studioentscheidungen sowie der Finanzierung gescheitert sein dürfte. Gerade zum Schluss kommt alles etwas zu schnell auf den Zuschauer zu - vor allem die interessante und absolut überraschende Wendung.

Doch von der leichten inhaltlichen Überfrachtung abgesehen ist der Film von Anfang bis Ende ein großartiges Erlebnis, wie es vermutlich nur ein Terry Gilliam in dieser Form zustande bringen konnte: Quietschbunt, Bäume aus Pappe, CGI-animierte Fantasiewesen, ein Liliputaner, Londons nasse Straßen, eine wunderschöne junge Frau mit großem Dekolleté und ein toller Cast. Der wird angeführt von Heath Ledger, der in seiner letzten Kinorolle einmal mehr zeigt, dass die Welt mit ihm eine der großen Hoffnungen der Filmzukunft verloren hat. Er spielt den mysteriösen Tony gut aufgelegt, charmant und witzig und wird - inhaltlich großartig von Gilliam gelöst nach Ledgers überraschendem Tod im Januar 2008 - in der Fantasiewelt von drei anderen Hollywoodgrößen ersetzt: Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell. Alle drei haben im Grunde nur einen winzigen Auftritt, passen aber allesamt gut in ihre Rolle. Christopher Plummer spielt den unsterblichen Dr. Parnassus routiniert, als alten Trinker mit eigensinnigem Humor. Seinen besten Freund und Assistenten Percy spielt der 81 Zentimeter große Verne Troyer unglaublich gut, im Grunde die beste schauspielerische Leistung des Films mit einem großen Anteil bei den (gar nicht so seltenen) Lachern. Parnassus wunderschöne Tochter wird vom Model Lily Cole gespielt, auf die man schon bald in Marilyn Mansons Regiedebüt Phantasmagoria: The Visions of Lewis Carroll (sie spielt die Alice) gespannt sein darf.

Neben der schrägen, fantasievollen Geschichte, der großartigen Optik und dem tollen Cast dürfen dann auch noch die beiden Komponisten Jeff und Mychael Danna gelobt werden, deren Score sehr schön anzuhören ist, ebenso wie Kameramann Nicola Pecorini, dessen Arbeit wie auch schon bei den letzten Gilliam-Filmen sehr gelungen ist. Bleibt festzuhalten, dass Das Kabinett des Dr. Parnassus seinen sehr hohen Erwartungen fast gerecht geworden ist und Heath Ledger einen letzten würdigen Auftritt hatte.

8,5/10

Trailer:

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