Sherlock Holmes

Regie:
Guy Ritchie

Drehbuch:
Michael Robert Johnson, Anthony Peckham & Simon Kinberg

Darsteller:
Robert Downey Jr. ... Sherlock Holmes
Jude Law ... Dr. John Watson
Rachel McAdams ... Irene Adler
Mark Strong ... Lord Blackwood
Kelly Reilly ... Mary Morstan

Kritik:

Der bekannteste Privatdetektiv der Welt (dessen weibliches Gegenstück natürlich Miss Marple ist) aus der Baker Street 221b in London ist zurück - dabei war er im Grunde gar nicht lange von der Bildfläche verschwunden: 2002 und 2004 erst gab es beispielsweise zwei britische TV-Filme mit Richard Roxburgh, bzw. Rupert Everett als Schnüffler und Ian Hart als seinen getreuen Gefährten und Freund Dr. John Watson. Auch Matt Frewer (2001), Jeremy Brett (1985-94) sowie Schauspielgrößen wie Sir Peter Cushing (1959, 68/69 und 84), Sir Christopher Lee (1991/92), Charlton Heston (1991), Sir Peter O'Toole (1983), Frank Langella (1981), Christopher Plummer (1977/79), Sir Roger Moore (1976), John Cleese (1973), und Stewart Granger (1972).

Als bekanntester Sherlock Holmes-Darsteller gilt aber indes immernoch Basil Rathbone. Der Südafrikaner, eigentlich als einer der größten Schurkendarsteller der Kinogeschichte bekannt, gilt auch heute noch als Idealbesetzung des britischen Detektivs, den Sir Arthur Conan Doyle 1887 erstmals auf Spurensuche schickte. 14 Mal war Rathbone in der Rolle des Holmes zu sehen. Die meisten Kinoauftritte hatte allerdings Eille Norwood, der zwischen 1921 und 1923 (also in nur 3 Jahren!) 47mal Holmes verkörperte - bei gerade mal 56 Filmen insgesamt in seiner Karriere.

In diese illustre Darstellerriege reiht sich nun, 2009, der US-Amerikaner Robert Downey Jr. ein. Und scheitert schon mal an der Sprache: Holmes, als Londoner mit Leib und Seele, gespielt von einem New Yorker? Der antrainierte britische Akzent des Golden Globe Gewinners Downey Jr. klingt so unglaubwürdig, dass sich einem die Fußnägel nach oben biegen. Davon abgesehen, dass er quasi eine "andere Sprache" spricht als die anderen "Briten" im Film - sei es Jude Law als Dr. Watson oder Mark Strong als Schurke Lord Blackwood - muss man einfach sagen, dass die Ausgeglichenheit, das intelektuelle und feinsinnige Gespür des Privatdetektivs fast gänzlich auf der Strecke bleibt. Zweifelsohne ist Downey Jr. bestens aufgelegt und spielt wirklich sehr gut (wobei der Golden Globe wirklich zuviel des Guten ist, den hätten alle vier anderen Kandidaten mehr verdient gehabt, allen voran Matt Damon) - aber als Holmes ist er einfach fehlbesetzt. Man nimmt ihm die Rolle nicht wirklich ab, beziehungsweise will nicht recht glauben, was Guy Ritchie und sein Drehbuchteam aus dem äußerst intelligenten Detektiv gemacht haben. Da bestreitet er ohne Sinn und nachvollziehbaren Grund einen Ringkampf und wird als lüsterner Zeitgenosse dargestellt - man könnte schon meinen, die Neuverfilmung will Holmes als ultracoolen, amerikanischen Dandy darstellen. Vom intelektuellen Briten keine Spur mehr. Dass er wenigstens noch Hut trägt und Pfeife raucht ist ein kleiner, aber zu schwacher Trost.

Dagegen nimmt man Jude Law den Dr. Watson durchaus ab, sein zurückhaltendes Spiel des besten Freundes von Holmes passt schon besser zur literarischen Vorlage. Gefreut habe ich mich über den geheimnisvollen kurzen Auftritt des Professor Moriarty, den man zwar nie sieht, der aber im zweiten Teil dann seinen großen Auftritt haben soll - dargestellt von Brad Pitt. was mir eigentlich schon wieder Sorgen macht. Mark Strongs Talent und Potential wird - nicht zum ersten Mal - total verschenkt. Als Oberschurke des Films hat er im Grunde nichts zu tun - und das ist auch das große (inhaltliche) Problem des mit 128 Minuten eigentlich recht langen Films: Er ist lang - aber es geschieht fast nichts. Wie beiläufig wird von Holmes und Watson ermittelt, es gibt keine wirklichen, kniffligen Rätsel zu lösen, das bisschen Mystery das Ritchie verwendet wird nur durch verwirrende Rückblenden eingefädelt. Immerhin geht es nicht übernatürlich zur Sache - wie man nach dem Trailer noch irrtümlicherweise hätte vermuten konnte. Man hätte hier einfach mehr Zeit für den (zugegebenermaßen recht unspektakulären) Fall aufbringen sollen, anstatt Holmes einen Ringkampf austragen zu lassen. Rachel McAdams Charakter, sie spielt eine undurchsichtige Frau von der man auch am Ende nicht mehr weiß als am Anfang, ist ebenfalls überflüssig, trägt er nichts zur Handlung bei und löst bei Holmes nur pubertäre Wirrungen aus. So sehen wir ihn mal jammernd in seinem Zimmer eingeschlossen, mal bringt er Watson wieder auf die Palme.

Optisch allerdings ist Sherlock Holmes durchaus gelungen. Das alte London erwacht - wenn auch manchmal sehr offensichtlich computergeneriert - zu neuem Leben, die Farbgestaltung, die Kostüme und die Ausstattung sind vorzüglich, die Kameraarbeit von Oscar-Preisträger Philippe Rousselot (Aus der Mitte entspringt ein Fluss) ist ebenfalls gelungen.

Und keine Frage - es darf viel und oft gelacht werden und die Darsteller sind sehr gut aufgelegt. Eigentlich unterhält der Film auch gut. Aber dennoch bleibt der bittere Nachgeschmack zu hoher Erwartungen, denen Guy Ritchie nicht gerecht werden konnte - was im Grunde fast einzig und allein am schwachen Drehbuch und der daraus resultierenden eindimensionalen Charakterzeichnung liegt. Guy Ritchie ist es "gelungen", seinen im Grunde vortrefflichen Cast zu unterfordern. Downey Jr. ist bestens aufgelegt, aber unglaubwürdig als Superschnüffler Holmes, Strong hat nichts zu tun, McAdams ist überflüssig und nur Law kann aus seiner Rolle mehr oder weniger etwas rausholen. Die Musik von Hans Zimmer kann da auch nicht viel retten. So bleibt die Hoffnung, dass die Fortsetzung eine bessere und vor allem spannendere Geschichte zu bieten hat - denn so spannungsarm war vermutlich kaum ein anderer Sherlock Holmes Film bislang.

6/10

Trailer:

Kommentare