Filmkritik: Ernest & Célestine

Die kleine Waisenmaus Célestine verbringt ihre Tage unter der Oberfläche damit, zu zeichnen. Am liebsten malt sie sich zusammen mit einem großen Bären, obwohl doch jede Maus weiß, dass der große, böse Bär nichts lieber macht, als kleine Mäuse roh und bei lebendigem Leibe zu verschlingen. Célestine, gewitzt, aufmüpfig und eine Einzelgängerin, will diese Konventionen allerdings nicht wahr haben und beschließt, die Vorurteile aus der Welt zu schaffen. Dies gelingt ihr, als sie zufällig auf den arbeitslosen, immerzu hungrigen aber ebenfalls einsamen Bären Ernest trifft. Die beiden ungleichen Gefährten ziehen zusammen und erleben das Abenteuer ihres Lebens.

Der französisch-belgische Zeichentrickfilm Ernest & Célestine - aktuell für den Oscar als bester Animationsfilm nominiert - ist der vielleicht schönste Zeichentrickfilm seit 20 Jahren, unfassbar liebevoll gezeichnet, kreativ und einfallsreich in kleiner und großer Hinsicht und von Anfang bis Ende für Groß und Klein ein kurzweiliges, zu Herzen gehendes Meisterwerk, wie man es nicht oft zu sehen bekommt. Der einfach gehaltene Aquarell-Stil ist dabei sehr hilfreich, scheint es doch so, als würden die Animationen direkt den Buchseiten entspringen, die Autorin Gabrielle Vincent ihrer in Deutschland als Mimi und Brumm bekannt gewordenen Kinderbuchreihe entworfen hat. Die Hintergründe sind wahre Gemälde, die vordergründigen Zeichnungen der Figuren detailreich und zauberhaft.

Was den Film aber noch einmal aufwertet, ist die deutsche Synchronisation. Hartmut Neugebauer (die brummbärigste Stimme Deutschlands) läuft hier als Bär Ernest zu Hochform auf und übertrifft selbst seine besten Leistungen noch einmal - und das will bei Neugebauer schon etwas heißen. Die 15jährige Paulina Rümmelein ist ebenfalls großartig besetzt und passt wie die Faust auf's Auge bei der kleinen Maus Célestine. Davon abgesehen sollte die deutsche Synchronstimme von Lisa Simpson mit Rümmelein für die nächsten 30 Jahre gesichert sein. Auch der Rest des Voice-Casts ist bemerkenswert gut: Hans-Georg Panczak spricht ungewohnt schrill (als wäre Luke Skywalker vollkommen durchgedreht), Manfred Erdmann übernimmt quasi sein Sprechmodul von Dr. Zoidberg aus Futurama und Gudo Hoegel... nun... der ist mal wieder einsame Spitze als überdrehter Zahnarzt und lässt ihn einmal mehr schmerzlich in den neuen Muppets-Filmen bei Gonzo vermissen.

Auch die Musik von Vincent Courtois ist wunderschön und magisch und reiht sich damit perfekt in das Gesamtwerk ein. Ernest & Célestine wird bei der kommenden Oscar-Verleihung keine Chance haben (und Die Eiskönigin ist auch zweifelsohne eine sehr, sehr starke Konkurrentin), das ändert aber nichts daran, dass den Machern hier ein traumhafter Film für Jung und Alt gelungen ist, der von Anfang bis Ende in seinen Bann zieht und den Zuschauer mit seinen liebenswerten Figuren und dem kunstvollen Zeichenstil in seinen Bann zieht. Ein absoluter Geheimtipp und vollkommen überraschend einer der besten Filme des letzten Jahres.


★★★★★


Originaltitel: Ernest et Célestine

Drehbuch: Daniel Pennac
nach dem Buch von Gabrielle Vincent
Musik: Vincent Courtois

Darsteller:
Hartmut Neugebauer ... Ernest
Paulina Rümmelein ... Célestine
Ekkehardt Belle ... Bärenvater Georges
Bettina Redlich ... Bärenmutter Lucienne
Gudo Hoegel ... Chefzahnarzt
Hans-Georg Panczak ... Mäuserichter
Manfred Erdmann ... Bärenrichter
Eva-Maria Bayerwaltes ... Waisenhaus-Aufseherin

F/B 2012, 80 Min.
Ascot Elite
Heimkinostart: 03.12.2013
FSK 12

Trailer:

Kommentare