Filmkritik: The Book of Eli


In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft ist die Erde nicht mehr so, wie wir sie kennen. Ein nicht näher beschriebenes Ereignis (ein Krieg) war der Auslöser dafür, dass die Menschheit fast gänzlich ausgerottet wurde. Es gibt kaum noch Menschen, die vorher schon gelebt haben. Einer von ihnen ist Eli (Oscarpreisträger Denzel Washington), der mit Sonnenbrille, Rucksack und sich darin befindlichem geheimnisvollen Buch auf den Weg nach Westen macht, zu einem unbekannten Ort, an dem das Buch dringender als alles andere benötigt wird. Schon bald ist klar, dass es sich um die Bibel handelt, nachdem Eli jeden Tag daraus liest und zitiert. Es ist das letzte Exemplar der Bibel, das noch existiert und deswegen wird er es mit seinem Leben beschützen und verteidigen und nicht davor zurückschrecken auch zu töten, wenn es sein muss.

Hier liegt auch schon eines der Mankos von The Book of Eli, dem neuen Film der From Hell - Regiebrüder Albert und Allen Hughes: Der Film ist auf der einen Seite äußerst religiös, vollgestopft mit Bibelzitaten und Dialogen über Glaube, Hoffnung und Aufopferung. Auf der anderen Seite aber ist er äußerst menschenfeindlich und "unchristlich". Der Widerspruch in seiner "göttlichen" Botschaft liegt darin, dass Eli jeden abschlachtet, der ihm in den Weg kommt oder versucht, das Buch in seine Gewalt zu bringen. Es fliegen Köpfe und Hände, Menschen werden durchbohrt. In all dieser Gewalt predigt Eli den Glauben an Gott - ein Widerspruch in sich selbst, wie die Bibel selber sagt: "Du sollst nicht töten."

Der religiöse "Touch" des Films als solcher dagegen war eigentlich nicht störend, ab und an vielleicht ein klein wenig zu dick aufgetragen, aber wer sich hinterher beschwert, der Film sei "so religiös" gewesen und man hätte anstatt den Film zu sehen "ja auch gleich die Bibel lesen können", der muss sich mal selber fragen, was er von einem Film erwartet hat, der in einer postapokalyptischen Zukunft spielt und den Filmtitel The Book of Eli trägt. Eli ist nun mal ein Priester des Alten Testaments gewesen, gewisse Parallelen zum Eli im Film sind dadurch gegeben.

Die Optik des Films ist sehr gelungen. In der Einöde von New Mexico (und mit reichlich Green Screen) gedreht, enstand hier eine eindrucksvolle Landschaft mit zerstörten Städten, Autobahnbrücken und massig weitem, nicht enden wollendem Ödland mit Sand, Staub und Ascheregen. Der triste grau-weiß-blau Ton des Films sorgt zusätzlich für eine kühle, schaurige und gruselige Atmosphäre, ebenso die sehr gelungene Filmmusik von Atticus Ross, der der Filmbranche bislang nur für Allen Hughes' Segement in New York, I love you musikalisch aufgefallen ist. Die Kameraarbeit von Don Burgess (Cast Away, Forest Gump) bietet auch einiges zum Bestaunen, so unter anderem eine tolle Einstellung, die mit um 90 Grad gedrehter Kamera gefilmt wurde.

Darstellerisch ist The Book of Eli ein routiniert gespieltes Werk, Denzel Washington gibt den Titelhelden notorisch humorlos und kämpferisch - immer mit einem Bibelzitat in der Tasche und mit nur einem Ziel: Das Buch an seinen Bestimmungsort zu bringen. Gary Oldman spielt seinen Gegenspieler Carnegie, eine Art Bandenchef in einem zerfallenen Örtchen, das nicht nur zufällig an eine alte Western-Stadt erinnert. Im zweiten Stock des Saloons wohnt er mit seiner blinden Geliebten (Jennifer Beals) und wacht von dortaus über seine Männer, die sich im Saloon an der Bar betrinken oder mit den Prostituierten vergnügen. Überhaupt könnte man den Film schon fast einen Western nennen, rein thematisch (der Böse will die Stadt regieren und andere Städte einnehmen; das Wasser ist knapp, er bestimmt über den einzigen Brunnen der Gegend und weiß, wo dessen Quelle liegt) und auch optisch und inszenatorisch: Auf der Flucht aus dem Dorf schließt sich die junge, attraktive Solara (Mila Kunis) Eli an. Sie kommen zu einem alleinstehenden Haus, das von einem älteren Ehepaar ("Dumbledore" Michael Gambon und Frances de la Tour) bewohnt wird und verschanzen sich dort im Haus (eine Art Ranch), als Carnegie und seine Männer in gepanzerten Autos (statt Pferden) vorfahren und es zu einem gewaltigen Schusswechsel kommt. Die ganze Szene wirkt ebenfalls wie einem Western entsprungen - und ist zudem in einer sehr gelungenen Plansequenz (also einer einzigen, minutenlangen Kamerafahrt ohne Schnitte) gedreht.

Mit wenigen Längen und daraus resultierend nicht immer allzu spannender Inszenierung, etwas zu wenig Informationen über die Hintergründe des "Ereignisses vor 30 Jahren" und vielleicht etwas zu viel (und eben fragwürdiger) Gewaltdarstellung kommt dann in den letzten fünf Filmminuten der Große Moment, in dem man mit offenem Mund auf die Leinwand starrt und sie denkt: "What the fuck!?" Die Überraschung ist den Regisseuren definitiv gelungen - auch wenn sie nun einige Ungereimtheiten und Logiklöcher hervorruft. Dazu muss man The Book of Eli aber definitiv ein zweites Mal sehen, was sowieso empfehlenswert ist, gelang den Brüdern Albert und Allen Hughes doch ein optisch sehr gelungener und inhaltlich durchaus interessanter, wenn auch lange nicht makelloser, postapokalyptischer Actionfilm, der atmosphärisch mehr überzeugt, als die letzten Filmes seines Genres - inklusive Terminator: Die Erlösung.

6/10


Regie:
Albert Hughes & Allen Hughes

Drehbuch:
Gary Whitta

Darsteller:
Denzel Washington ... Eli
Gary Oldman ... Carnegie
Mila Kunis ... Solara
Ray Stevenson ... Redridge
Michael Gambon ... George
Tom Waits ... Engineer

Trailer:

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