Filmkritik: Invictus
Ich dank, welch Gott es geben mag,Als Nelson Mandela vor ziemlich genau 20 Jahren, am 11. Februar 1990, aus dem Gefängnis entlassen wurde, begann die Wiederauferstehung, der Neuanfang eines ganzen Landes: Südafrika. Mit einem schwarzen Präsidenten, einem zweigeteilten Land und Angst und Schrecken auf den Straßen stand die südlichste aller afrikanischen Nationen vor einem großen Problem: Wie vereint man das sich hassende Volk? Verschiedene Hautfarben, verschiedene Sprachen. Die Lösung: Sport. Genauer gesagt: Die Rugby-Weltmeisterschaft. Die womöglich einzige Gemeinsamkeit. Doch leider werden die südafrikanischen Springböcke nur von den Weißen angefeuert, alle Schwarzen haben nichts für sie übrig und jubeln lieber für den Gegener.
dass ich vom Joch halt fern die Seel',
ich bin der Meister meines Los',
ich bin der Captain meiner Seel'.
Morgan Freeman spielt den ersten schwarzen südafrikanischen Präsidenten mit voller Hingabe und hat sich dafür durchaus eine Oscar-Nominierung verdient. Dass es die auch für Matt Damon gab, der hier den Mannschaftskapitän Francois Pienaar spielt, ist vielleicht etwas schmeichelhaft, denn auch wenn Damon (wie immer eigentlich) sehr gut agiert, ist es doch nicht eine Rolle oder Darbietung, die mit der eines Christoph Waltz in Inglourious Basterds mithalten könnte. Ganz und gar nicht. Dennoch ist Invictus ein schön gespieltes Sport- und Politdrama.
Die Distanz zwischen Schwarz und Weiß schwindet mit fortlaufender Spielzeit (sowohl der des Films, als auch der des Rugbyspiels) und obwohl sich gerade hierbei zeigt, dass Regisseur Clint Eastwood eher auf die routinierten und bewährten "Sportfilm-Klischees" setzt, ist gerade die zweite Filmhälfte sehr packend. Das liegt zum einen an den tollen Bildern von Tom Stern, der ein Auge für die verschiedensten Ecken Kapstadts und Johannesburgs hat. Sehr schön wurden auch die Momente auf Robben Island inszeniert, als die Springböcke mit ihren Frauen und dem gesamten Team das Gefängnis von Nelson Mandela besuchen. Mit Überblendungen dargestellt, stellt sich Pienaar vor, wie Mandela in seiner winzigen Zelle saß oder trotz des hohen Alters in der prallen, afrikanischen Sonne stundenlang im Steinbruch arbeiten musste.
Hier wird wieder klar, dass der Film keine Fiktion ist, sondern auf wahren Begebenheiten beruht. Das wiederum entschärft auch die Tatsache, dass der Film natürlich auf ein sportlich erfolgreiches Ende hinausläuft und Südafrika tatsächlich gegen die Rugbyübermacht aus Neuseeland, die All Blacks, gewinnt. Was anfangs als Charakterstudie eines Mannes beginnt, wird zunächst ein politisches Drama, das über die Probleme zwischen Schwarzen und Weißen in einem Land erzählt, das gerade wie der Phönix aus der Asche neu auferstanden ist. Zum Ende hin allerdings ist Invictus fast nur noch eins: Ein Sportdrama. Doch auch wenn man die langen Spielszenen durchaus hätte etwas kürzen können, macht Eastwood niemals den Fehler, den roten Faden aus den Augen zu verlieren.
Nicht nur optisch ist der Film sehr schön, auch die Musik ist es: Afrikanische Klänge und tolle Songs - unter anderem in Zulu, Afrikaans und Englisch - bringen einem Südafrika näher und sorgen vor allem für Einstimmung auf ein weiteres reales Sportereignis: Die Fußball Weltmeisterschaft 2010. Ununterbrochen muss man auch daran denken, an die Sicherheitsvorkehrungen, die afrikanischen Fans, die Slums. All das wird es in diesem Sommer nicht in einem Kinofilm noch einmal geben, sondern der Wirklichkeit entsprechend.
Clint Eastwood ist mit Invictus vielleicht nicht sein persönlichster Film gelungen und schon gar nicht sein bester. Aber dennoch ist das Drama toll gespielt und schön inszeniert mit Humor, spannenden und packenden Sportszenen und jeder Menge Hoffnung für die Menschlichkeit und die Menschheit.
3/5
Regie:
Clint Eastwood
Drehbuch:
Anthony Peckham
nach dem Buch von John Carlin
Darsteller:
Morgan Freeman ... Nelson Mandela
Matt Damon ... Francois Pienaar
Tony Kgoroge ... Jason Tshabalala
Marguerite Wheatley ... Nerine
Julian Lewis Jones ... Etienne Feyder
Trailer:
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