Filmkritik: Jack Ryan - Shadow Recruit

Mit dem Namen "Jack Ryan" werden für immer zwei Dinge verbunden sein: Zum einen Tom Clancy, der viel zu früh im vergangenen Herbst verstorbene Autor und Schöpfer des CIA-Doktors mit unverschämt hohem IQ, und zum anderen Harrison Ford, der ihn 1992 in Die Stunde der Patrioten und 1994 in Das Kartell mit Charme und Weitsicht verkörpert hat. Doch Chris Pine, der ihn nun im mittlerweile fünften Film Jack Ryan: Shadow Recruit verkörpert, ist nicht erst der zweite Darsteller des Geheimagenten. Den Anfang machte Alec Baldwin 1990 in Jagd auf roter Oktober während Ben Affleck als etwas charismaloser Verschnitt 2002 in Der Anschlag zeigen durfte, was in ihm steckt. An Ford kam keiner der anderen Darsteller ran, wobei man Chris Pine zugute halten muss, dass er in Kenneth Branaghs Film durchaus etwas von Fords Charme hat.

Der Film beginnt mit einigen Hintergrund-Informationen zur Figur Jack Ryan, der in London studierte, als im September 2001 die beiden Flugzeuge ins World Trade Center rasten. 18 Monate später geht er übermotiviert freiwillig nach Afghanistan, wo der Helikopter, in dem er saß, abgeschossen und Ryan lebensgefährlich verletzt wird. Bei seiner Genesung in den USA lernt er dann seine zukünftige Frau Cathy (Keira Knightley) kennen, die seine Physiotherapeutin ist. Ebenfalls zu dieser Zeit wird er von Thomas Harper (Kevin Costner) für die CIA als Analyst rekrutiert. Nicht einmal seine mittlerweile Verlobte weiß Bescheid, dass er, zehn Jahre sind mittlerweile vergangen, in Moskau nicht auf Geschäftsreise ist, sondern einen Terroranschlag in den USA vereiteln will. Der Russe Cherevin (Regisseur Branagh selbst) hat nämlich große Pläne sich an den Vereinigten Staaten zu rächen.

Branagh hat Talent, und davon sicherlich nicht zuwenig. Das Multitalent wurde schon fünf Mal für einen Oscar nominiert, als Schauspieler, als Autor und als Regisseur. In dieser dreifachen Kombination hat er schon fünf Stücke von William Shakespeare verfilmt, darunter die meisterhaften Henry V., Hamlet und Viel Lärm um nichts. Doch sein inszenatorisches Genie - das er auch bei Umsetzungen von Theaterstücken (1 Mord für 2), Libretti (The Magic Flute) oder Weltliteratur (Mary Shelleys Frankenstein) eindrucksvoll gezeigt hat - wurde in den vergangenen Jahren nicht mehr allzu anspruchsvoll getestet: Sein erster Ausflug ins Action-Fach war mit dem Marvel-Film Thor zwar unterhaltsam, aber eben im Vergleich mit seinem bisherigen Repertoire doch eher ein ernüchterner Rückschritt. Jack Ryan nun ist da eben keine wirkliche Verbesserung, jedenfalls nicht in Hinsicht auf die Charaktere, die Dialoge oder die spielerisch leichtfüßige Inszenierung. Die Actionszenen sind zwar deutlich besser, flüssiger, packender inszeniert als noch bei Thor und das rasante Finale macht auch richtig Spaß, aber irgendwie vermisst man die ganze Zeit den "alten Branagh".

Nun hat das Drehbuch nicht Branagh selbst geschrieben, sondern stammt vom gänzlichen Neueinsteiger Adam Cozad, dessen ursprüngliche Version eigentlich in Dubai spielen sollte und mit Jack Ryan überhaupt nichts zu tun hatte, und von David Koepp, der sich mit den Drehbüchern zu Klassikern wie Jurassic Park, Mission: Impossible und Carlito's Way einen Namen gemacht hat. Doch das Skript gibt den Figuren nicht den Platz, den sie in dieser Origin-Story benötigt hätten. Jack Ryan kommt viel zu schnell in den Agentenstatus, als das man hier eine glaubhafte Entwicklung seiner Figur sehen würde. Seine Freundin Cathy sorgt mit einigen humorvollen Kommentaren für den einen oder anderen Lacher, ist aber letztendlich (vor allem da mit einer so prominenten Darstellerin wie Keira Knightley besetzt) fast unnötig in der Handlung und sorgt im letzten Drittel dank etwas unglücklicher Schnitte und Bildkomposition fast dafür, dass man sie für eine russische Überläuferin halten könnte - was natürlich nicht möglich ist, da sie ja wie in den chronologisch folgenden Filmen gezeigt die brave Frau von Ryan wird. Kevin Costners Charakter hätte mehr Potential als Vaterfigur für Ryan gehabt, man hätte ihm auch einen anderen Abschluss in der Geschichte gewünscht. Und Branaghs Bösewicht ist kalkulierend und Stereotyp. Mehr Zeit für die Figuren, mehr Ermittlung und ein bisschen weniger Glückssträhne für den Helden hätten dem Film vor allem im Mittelteil sehr gut getan.

So ist Jack Ryan: Shadow Recruit letztlich zwar ein unterhaltsamer, am Ende richtig flotter Actionfilm, dem allerdings etwas mehr Ruhe und größerer Fokus auf die Figuren sehr gut getan hätten.

★★☆☆☆


Originaltitel: Jack Ryan - Shadow Recruit

Drehbuch:  & 
basierend auf den Charakteren von Tom Clancy
Kamera: Haris Zambarloukos
Musik: Patrick Doyle

Darsteller:
 ... Jack Ryan
 ... Cathy Muller
 ... Thomas Harper
 ... Victor Cherevin
 ... Rob Behringer
 ... Amy Chang
 ... Katja
 ... Aleksandr Borovsky

USA/RUS 2014, 105 Min.
Paramount Pictures
Kinostart: 27.02.2014
FSK 12

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