Filmkritik: Ausnahmesituation

Filme, die auf einer wahren Begebenheit basieren, neigen oft dazu überaus kitschig zu werden. Ausnahmesituation von Starter for 10 - Regisseur Tom Vaughan hält sich zum Glück zurück mit dem Edelkitsch und konzentriert sich eher auf seine Figuren und die eigentliche Handlung: John Crowley (Brendan Fraser) und seine Frau Aileen (Keri Russell) haben drei Kinder - zwei von ihnen leiden am Pompe - Syndrom. Bei einer Lebenserwartung von maximal 9 Jahren bilden sich die Knochen zurück, motorische Fähigkeiten wie Laufen oder Dinge fassen werden immer schwerer (wenn nicht früh schon unmöglich) und die inneren Organe schwellen an. Die Ärzte geben den Crowleys Kindern noch ein knappes Jahr, doch der Familienvater will sich nicht mit seinem Schicksal abgeben.


Er verspricht dem exzentrischen Wissenschaftler Dr. Stonehill (Harrison Ford) eine halbe Million Dollar für seine Forschungen an einem Medikament, dass die Fortbildung der Krankheit stoppen kann, sowie weitere 10 Millionen Dollar für die Entwicklung einer verkaufsfähigen Arznei. Ausnahmesituation trifft (für einen deutschen Filmtitel erstaunlich) gut die Kernaussage des Films: Crowley lässt nichts ruhen, bis er seine Kinder gerettet hat. Dass es soweit kommt, ist auch für den Zuschauer, der sich nicht vorher über eben jenen wahren Fall informiert hat, von Anfang an klar, aber das mindert nicht das Interesse an Vaughans routiniert inszenierten Drama über Menschlichkeit und Hoffnung.

Kritik an Pharmaindustrien und geldgierigen Firmenbossen kommt auf, Einblicke in die schwierige Arbeit von Forschern werden gewährt und es wird deutlich gemacht, wie das alltägliche Geschäft in einem solchen Konzern läuft: Es müssen immer Einschränkungen gemacht werden, es läuft nie so, wie man es sich gewünscht oder erhofft hätte. Das bekommt auch Crowley zu spüren, der seinen Job kündigt, mit Stonehill eine eigene Firma gründet und am Ende im großen Finanzgeschäft mitmischen will - und daran scheitert. Er riskiert alles, um ein Medikament zu bekommen, bricht in die Firma ein, um Proben zu stehlen, reist quer durch die USA und fragt sich am Ende, ob er den Rat Stonehills hätte befolgen sollen und lieber so viel Zeit mit seinen Kindern hätte verbringen sollen, wie ihm möglich war oder ob es die richtige Entscheidung war, sich Tag und Nacht daran zu machen, ein Wunder zu schaffen.

Manche Szenen sind wie gemacht für rührselige Momente, aber sie halten sich glücklicherweise in Grenzen, auch das Happy End ist mehr rund als störend und vor allem dank der sympathischen Darsteller kann das unabhängig (und von Ford selber) produzierte Drama punkten: Brendan Fraser überrascht als sich aufopfernder Familienvater mit seinem ambitionierten Spiel, das nie gekünstelt wirkt und den eher als Actionstar bekannten Mumie - Mimen in ein ganz anderes Licht rückt. Dass Fraser ein ernstzunehmender Schauspieler ist, hat er allerdings auch schon in Gods and Monsters und Der stille Amerikaner bewiesen. Als der exzentrische Wissenschaftler Stonehill agiert Kultikone Harrison Ford gewohnt routiniert und hat sogar zwei Szenen in denen er richtig aus sich herausgehen kann. Sein gewohnter Sarkasmus und der schelmische Blick, den er schon seit 40 Jahren besitzt, runden sein gutes Spiel ab. Auch Keri Russell mimt Crowleys Frau Aileen mit viel Intensität, weswegen man ihr alle Emotionen am besten abnimmt. Bleibt zu hoffen, dass man auch in Zukunft noch viel von ihr sehen wird.

Ausnahmesituation ist ein rundum gelungenes Drama über Hoffnung und Aufopferung, routiniert inszeniert, gut gespielt und erfreulicherweise nur wenig kitschig und mit wenigen Längen.

★★★☆☆


Regie: Tom Vaughan

Drehbuch: Robert Nelson Jacobs nach Geeta Anands Roman

Darsteller:
Brendan Fraser ... John Crowley
Harrison Ford ... Dr. Robert Stonehill
Keri Russell ... Aileen Crowley
Jared Harris ... Dr. Kent Webber
Courtney B. Vance ... Marcus Temple

Trailer:

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